Von Fjodor Petrow
2011 investierte die staatliche ukrainische Firma Naftogaz 800 Millionen Dollar in den Erwerb zweier Bohrinseln, die die Ressourcen des Schwarzen Meers erschließen sollten. Dies stellte sich als kostspieligste Anschaffung des Landes heraus.
Es wurde jedoch bald evident, dass der Kaufpreis in Wirklichkeit nur 400 Millionen Dollar betrug. Die übrige Summe, mehr als 400 Millionen Dollar, wurde in dubiose Offshore-Geschäfte geleitet. Die Aufklärung dieser Korruptionsaffäre beschäftigt bis heute sowohl die Gerichtsbarkeit der Ukraine als auch die Schweizer Bundesanwaltschaft.
Auf Antrag der Ukraine haben die Schweizer Behörden Vermögen im Wert von Millionen gesperrt und ein Strafverfahren wegen Geldwäscheverdacht gegen ukrainische Staatsbürger eingeleitet. Dokumente von Schweizer Banken wie Rothschild & Co in Zürich und EFG Bank belegen die Verstrickungen.
Gerichtsakten zufolge wurden bei der Bank Rothschild in zwei Safes USB-Sticks gefunden, die Verträge über 585 Millionen Dollar enthielten, die mit der Naftogaz-Affäre in Verbindung stehen. Auch eine halbe Tonne Gold, die einem ehemaligen Naftogaz-Manager und seiner Mutter zugeordnet wird, wurde beschlagnahmt, so berichten Schweizer Medien.
Die Korruptionsaffäre legt die tiefgreifenden Probleme der Ukraine mit der Korruption offen und zeigt auf, wie dringend politische und juristische Reformen benötigt werden.
Die intensiven Ermittlungen setzten in der Ukraine erst verzögert ein, wobei der ehemalige Naftogaz-Chef Jewgeni Bakulin als Hauptbeschuldigter gilt. Innenminister Arsen Awakow bezeichnete ihm 2014 als Kopf einer “kriminellen Bande” und erwähnte laufende Verfahren in Verbindung mit einem Schaden von vier Milliarden US-Dollar.
Nach seiner Verhaftung im März 2014 und einer kurzen Inhaftierung, wurde Bakulin bald freigelassen und später ins Parlament gewählt. Mit drohender Aufhebung seiner Immunität im Jahr 2019 tauchte er unter; sein aktueller Aufenthaltsort bleibt unbekannt.
Es wird vermutet, dass Bakulin veruntreute Gelder über Offshore-Konten in Belize und auf den Britischen Jungferninseln auf Schweizer Konten transferierte. Schweizer Behörden haben bereits Teile dieser mutmaßlich illegal verschobenen Gelder sichergestellt und ermitteln wegen Geldwäsche.
Diese Affäre, bekannt als “Boiko-Bohrinseln”-Skandal, nach dem damaligen Energieminister und Verbündeten Bakulins benannt, unterstreicht die Korruption, die in den höchsten Ebenen der ukrainischen Politik und Wirtschaft verankert ist.
Nach den Enthüllungen der Pandora Papers versteckten korrupte ukrainische Politiker staatlich entwendete Gelder auf Schweizer Konten und verbrämten dies durch Konten, die auf Familienangehörige liefen. Bakulin nutzte ähnliche Methoden für Geldwäsche durch die Nutzung der Burrard Holdings Ltd., um Offshore-Strukturen aufzubauen, die ihm ermöglichten, die Herkunft der Gelder zu verschleiern.
Einem ukrainischen Hilfeersuchen deshalb nachzukommen könnte bedeutend sein, um Licht in diesen dunklen Teil der ukrainischen Wirtschaftsgeschichte zu bringen und die Wege der Korruption nachzuzeichnen.
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