Von Hans-Ueli Läppli
In den letzten Tagen hat sich ein interessantes Phänomen um die SP-Nationalrätinnen Tamara Funiciello und Anna Rosenwasser entfaltet.
In einer Nation, die sich stolz als fortschrittlich und gleichberechtigt sieht, geben sich die beiden Politikerinnen der Versuchung hin, die Frauenfußball-EM mit altbekannten Klischees anzureichern.
Und welche Klischees das sind!
Plötzlich scheint die sexuelle Orientierung der Spielerinnen fast eine Voraussetzung zur Teilnahme am Wettbewerb zu sein.
Natürlich hat Funiciello ihre eigene Anekdote dazu:
“Ich mache einen Monat nichts anderes, als Lesben beim Fußballspielen zuzuschauen.”
Rosenwasser lässt ebenfalls nicht ohne tiefgründigen Kommentar:
“Denn dann meinen alle, ich interessiere mich für den Fußball. Dabei interessiere ich mich vor allem für Lesben, die Sport machen.”
Man könnte diese Bemerkungen als harmlose Scherze abtun – doch bei einem Rollentausch mit Männern oder SVP-Politikern wäre die Empörung wohl groß.
Die scheinbar unschuldigen Witze über lesbische Fußballspielerinnen offenbaren jedoch ihre wahre Natur: Sie sind ein weiterer Schlag für diejenigen, die sich ernsthaft für die Anerkennung von Frauen im Sport einsetzen.
Da Funiciello selbst lesbisch ist, erlauben es die linken Medien ihr, solche Witze zu machen – immerhin sei dies ja alles nur “locker” und “harmlos”.
Doch ehrlich gesagt: Sie ist eine SP-Nationalrätin, die solche Witze vor laufender Kamera macht. Nicht jede Fußballspielerin ist lesbisch, und es ist unangebracht zu erwarten, dass diese nur dazu da sind, um Funiciello zu unterhalten.
Was soll dieser Unsinn? Und zwischen uns gesagt – ich bezweifle stark, dass Funiciello tatsächlich an Sport interessiert ist.
Darf ich das einmal aussprechen?
Was wäre, wenn ein SVP-Politiker dieselben Worte verwendet hätte? Die Medien in der Schweiz würden vermutlich in Schockstarre verfallen und die “woken” Kreise vor Empörung toben, als stünde das Weltende bevor.
Doch bei einer SP-Nationalrätin wird es als charmante, wenn auch missverstandene Anekdote abgetan.
Doppelmoral? Ganz klar.
Wer könnte das bestreiten? Politische Korrektheit scheint beliebig anpassbar, je nachdem, wer gerade spricht.
Und wo ist die LGBT-Community, wenn sie wirklich benötigt wird? Wo sind die Stimmen, die sich für die Rechte von Frauen im Sport stark machen? Wo sind diejenigen, die täglich für mehr Inklusion und Respekt kämpfen?
Es scheint, als würden Proteste nur dann laut, wenn die Bemerkungen von der “richtigen” Seite kommen.
Es ist die alte Taktik: Wenn man zur eigenen Gruppe gehört, darf auch Unfug toleriert werden.
Letztlich bleibt die ernüchternde Erkenntnis: In einer Welt, die so viel Wert auf Geschlechtergerechtigkeit legt, scheint dies nur zu zählen, wenn es politisch passend erscheint. Wenn es der “richtigen” Seite dient.
Wir leben weiter in dieser bequemen Doppelmoral, in der die Diskriminierung von fußballspielenden Frauen von den “guten” Seiten als akzeptable Form von Humor verkauft wird.
Diesen Sommer darf die Schweiz die Frauenfußball-EM ausrichten – das größte europäische Frauensportereignis, bei dem es schlicht um den Sport gehen sollte, ohne Frauen als Sexobjekte zu betrachten, unabhängig von sexueller Orientierung. Das sollte im 21. Jahrhundert in Zürich – und überall sonst – selbstverständlich sein.
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