Hans Peter Brunner hat ein Talent für dramatische Erzählungen. In seinem kürzlich publizierten Werk “The Art of Greed” legt der ehemalige Leiter der BSI-Bank in Singapur eindrucksvoll dar, wie seine Laufbahn und sein Leben durch bestimmte Ereignisse tiefgreifend beeinflusst wurden.
Er erinnert sich an den Morgen des 29. Februar 2016, als er bei seiner Ankunft in Singapur festgenommen wurde:
“Am frühen Morgen des 29. Februar 2016, als ich geschäftlich nach Hongkong reisen wollte, wurde ich bei der Einreise in Singapur von Beamten der Einwanderungsbehörde gestoppt, in eine Zelle gesperrt, von der singapurischen Polizei abgeholt, dazu gebracht, sie zu meinem Haus zu führen, wo sie eine Durchsuchung durchführten, und schließlich auf die Polizeistation gebracht, wo ich stundenlang verhört wurde. Sie beschlagnahmten meinen Pass, zwei Telefone und ein iPad.”
Ein Kapitel seines Buches, das an einen Thriller erinnert, fußt auf wahren Begebenheiten – dem 1MDB-Skandal, einem der größten Betrugsfälle in der Finanzgeschichte.
Zwischen 2009 und 2015 wurde der malaysische Staatsfonds 1MDB systematisch ausgenommen. Milliarden von Dollar landeten auf Offshore-Konten, in luxuriösen Immobilien und wurden für ausschweifende Feiern genutzt. Der Drahtzieher war Jho Low, ein malaysischer Investor mit Kontakten zu Hollywoodgrößen und politischen Spitzenkräften.
Ein Buch über “Gier, Macht und Manipulation”
Brunners Buch ist mehr als eine bloße Wiedergabe des Skandals. “The Art of Greed” bietet eine fiktionale, jedoch faktenbasierte Darstellung aus der Sicht von Jho Low, der als Puppenspieler eine Vielzahl an Figuren manipulierte: Bankiers, Anwälte, Prominente und Politiker.
Es ist eine Erzählung “über Gier, exzessive Feiern, Prominente, Mord, Politik, Banker, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und viele andere”, so Brunner.
Trotz Brunners Freispruch von allen Vorwürfen im Jahr 2021 bleibt eine gewisse Bitterkeit. “Zu diesem Zeitpunkt war mein Ruf bereits ruiniert”, gibt er zu.
Nach Jahren des Leidens beschloss er, seine Erlebnisse in literarischer Form zu verarbeiten. Sein Buch ist jetzt im Handel erhältlich, unter anderem auf Amazon und seiner persönlichen Webseite.
Vom führenden Banker zum Gesicht eines Skandals
Hans Peter Brunner war Jahrzehnte lang eine Schlüsselfigur im internationalen Bankwesen. Er startete seine Karriere bei der Credit Suisse, wo er das Chinageschäft grundlegend aufbaute. 1985 eröffnete er das erste Büro der CS in Peking und hatte später die Leitung für die Standorte in Hongkong und Südkorea inne.
Sein weiterer Werdegang führte ihn nach Stationen bei Coutts International in Singapur und Zürich zur BSI Bank, wo er das Asiengeschäft vorantrieb. Unter seiner Führung avancierte die BSI in Singapur zu einem sehr profitablen Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern.
Doch der Erfolg der BSI in Asien war eng mit zweifelhaften Kunden verknüpft, darunter der malaysische Staatsfonds 1MDB. Obwohl Brunner selbst nie strafrechtlich belangt wurde, rückte er ins Visier der Behörden. 2016 wurde der BSI in Singapur die Banklizenz entzogen, und mehrere Mitarbeiter wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Auch in der Schweiz griff die Finanzmarktaufsicht Finma hart durch, beschlagnahmte 95 Millionen Franken und leitete Verfahren gegen mehrere BSI-Manager ein, einschließlich Brunner.
Kritische Worte gegenüber der Finma
In seinem Buch äußert Hans Peter Brunner ernste Vorwürfe gegen die Finma, die seiner Meinung nach ihn und andere Topbanker ungerechterweise an den Pranger stellte. Im Interview mit der “NZZ am Sonntag” im Jahr 2021 kritisierte er die inkonsistente Behandlung durch die Schweizer Aufsicht. Trotz fehlender Anklage verhängte die Finma ein Berufsverbot gegen ihn, gegen das er gerichtlich vorging. Er signalisierte der Behörde, dass er bereits in Rente sei und keine weiteren Ambitionen in der Finanzbranche verfolge, doch die Finma setzte das Verfahren fort.
Die Finma rechtfertigte ihr Handeln mit ihrer neuen Strategie, entschiedener gegen hohe Bankführungskräfte vorzugehen. Diese Politik markiert einen Wendepunkt in der Schweizer Regulierung und wird bis heute kritisch gesehen, wie der Fall BSI exemplarisch verdeutlicht.
Ein Mahnmal für die Finanzwelt
Hans Peter Brunner, der weiterhin mit seiner Familie in Singapur lebt, hat sich zwar aus dem Bankgeschäft zurückgezogen, doch seine Geschichte bleibt ein mahnendes Beispiel für die Schattenseiten des weltweiten Finanzsystems. “The Art of Greed” bietet nicht nur Einblicke hinter die Kulissen des 1MDB-Skandals, sondern auch das persönliche Zeugnis eines Mannes, der die Zerstörung durch Gier und Macht am eigenen Leib erlebte.
Ob das Buch die Diskussion über die Verantwortlichkeit von Bankern und Regulierungsbehörden wiederbelebt, wird sich zeigen.
Brunners Geschichte repräsentiert ein weiteres Kapitel in der endlosen Saga von Macht, Geld und Moral in der Finanzwelt.
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