Schweizer Medienkrise: Die beharrliche Weigerung, sich neu zu erfinden

Von Hans-Ueli Läppli

Die jüngste Entscheidung, die Today-Portale einzustellen, reflektiert ein fundamentales Dilemma in der Schweizer Medienbranche: das anhaltende Festhalten an veralteten Geschäftsmodellen, die noch aus den 2000er-Jahren stammen. Während internationale Medienkonzerne in den letzten Jahren zunehmend neue Wege wie soziale Medien, Partnerschaften mit Influencern und plattformübergreifende Content-Strategien beschreiten, bleiben einige Schweizer Medienhäuser verhaftet in traditionellen Ansätzen.

Das Resultat ist, dass Verlage in regional begrenzte Nachrichtenportale investieren, deren ökonomischer Erfolg von einem stagnierenden Werbemarkt abhängt. Der digitale Umbruch hat die Branche längst erreicht, dennoch klammern sich viele Entscheidungsträger an die vergangenen Erfolge.

Die Annahme, durch traditionelle Online-Werbung ein tragfähiges Geschäftsmodell zu schaffen, erscheint heute eher naiv.

Obwohl die Reichweite der Today-Portale wuchs, konnten sie nicht überleben, da der Markt für digitale Werbung in der Schweiz gesättigt ist und junge Nutzer bereits zu globalen Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube abgewandert sind.

Die Schließung dieser Portale ist nicht nur ein isolierter Vorfall, sondern Teil einer andauernden Krise. Der Verfall klassischer Werbemodelle zeichnete sich seit mehr als einem Jahrzehnt ab, dennoch zeigen sich Schweizer Medienkonzerne in der Reaktion verhalten.

Während internationale Medien durch Diversifikation und das Investieren in neue Technologien wie KI-generierte Inhalte oder datengetriebenes Marketing überleben, beharren Schweizer Medien weiterhin auf traditionellen Einnahmequellen, was wiederholte Entlassungen und eine stärkere Medienkonzentration zur Folge hat.

CH Media hätte bereits mit der Einführung von FM1Today im Jahr 2015 eine moderne, multimediale Strategie einleiten können. Doch statt eine nachhaltige Präsenz in sozialen Medien aufzubauen, die durch Interaktivität und Community-Building Nutzer langfristig bindet, setzte man weiterhin auf herkömmliche Werbebanner und Clickbait-Artikel, welche die jüngere, visuell orientierte Zielgruppe kaum erreichten.

Bei der Bekanntgabe der Schließungen betonte CEO Michael Wanner, man wolle sich zukünftig auf etablierte Marken im Zeitungs-, TV- und Radiobereich konzentrieren. Dies wirkt weniger wie eine strategische Neuausrichtung, sondern eher wie eine Rückbesinnung auf Vertrautes. Statt den Herausforderungen der digitalen Ära mutig zu begegnen, setzt CH Media auf Bewährtes – zum Nachteil der jüngeren Zielgruppen, die man mit traditionellen Medien immer weniger erreicht.

Die Entscheidung, vorwiegend auf etablierte Marken zu setzen, zeigt auch einen Mangel an Risikobereitschaft. Anstelle neue Kanäle und Formate zu entwickeln, die eine junge, digital affine Zielgruppe ansprechen könnten, wird der Rückzug auf Altbekanntes als sichere Lösung präsentiert. Doch gerade dieser konservative Ansatz war mitverantwortlich für den Niedergang der regionalen Today-Portale: In einer dynamischen Medienwelt muss man sich anpassen oder wird zurückgelassen.

Die Schließung der Today-Portale markiert einen symbolischen Akt, der die tieferliegende Krise der Schweizer Medienlandschaft aufzeigt. Statt sich konsequent der digitalen Transformation und neuen Geschäftsmodellen zu widmen, vergeuden die Verlage ihre Investitionen in überholte Konzepte. Die Geldmittel fließen in teure, jedoch letztlich ineffektive Projekte, und die Innovationskraft bleibt auf der Strecke. Wenn Schweizer Medienunternehmen nicht den Mut finden, sich radikal neu zu erfinden, wird der Austritt aus der Branche weitergehen.

In einer Ära, in der Plattformen wie watson.ch eine junge, digital orientierte Leserschaft anziehen, halten sich etablierte Medienkonzerne weiterhin an überholten Strukturen fest. Die Folge ist klar: Wer sich nicht weiterentwickelt, bleibt zurück. Leider scheinen die Schweizer Medien diesen altbekannten Spruch vergessen zu haben.

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