Die überraschende Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Zinsen zu senken, markiert einen bedeutenden Wendepunkt in ihrer Geldpolitik, trotz der anhaltend robusten Wirtschaft.
Neuer Kurs in der Geldpolitik
Diese Zinssenkung ist die erste große Maßnahme der SNB unter der Leitung des neuen Direktoriums, seit Martin Schlegel Thomas Jordan als Präsident abgelöst hat. Die Nationalbank reagiert damit auf die unerwartet gefallenen Inflationsraten der letzten Monate, die im November auf nur 0,7 Prozent gesunken sind, beeinflusst durch niedrigere Energie- und Importpreise. Dieser Wert liegt unterhalb des Zielkorridors der SNB von 0 bis 2 Prozent.
“Mit diesem Schritt tragen wir der Entwicklung Rechnung und setzen ein klares Signal, dass Preisstabilität unser oberstes Ziel bleibt”, erklärte Schlegel in Bern. Dies reflektiert den Entschluss der SNB, einer möglichen Deflationsspirale vorzubeugen und mittelfristige Inflationserwartungen zu unterstützen.
Möglicher Paradigmenwechsel?
Die Entscheidung stellt einen erheblichen Bruch mit der bisherigen Vorgehensweise dar. Nachdem die Zinsen seit 2022 schrittweise erhöht wurden, überrascht die aktuelle Senkung um 0,5 Prozentpunkte als eine der signifikantesten Aktionen der letzten Dekade.
Die Führung der SNB scheint auch bereit zu sein, in Zukunft unorthodoxe Wege zu gehen.
Ausschluss von Null- und Negativzinsen nicht bestätigt
Angesichts einer weltweit nachlassenden Inflation positioniert sich die SNB mit dieser Maßnahme. Während die US-amerikanische Zentralbank ihren restriktiven Kurs beibehält, zeigen europäische und asiatische Märkte bereits eine Tendenz zu lockereren Geldpolitiken. Die Zinssenkung dient somit nicht nur der Unterstützung der Schweizer Binnenwirtschaft, sondern auch der Reaktion auf internationale Entwicklungen.
Konjunkturelle und strategische Auswirkungen
Die Zinssenkung wird voraussichtlich bedeutende Effekte auf den Immobilienmarkt, die Hypothekenzinsen und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft haben.
Niedrige Zinsen können Investitionen und Konsum fördern, doch die SNB bleibt auf der Hut. “Wir stehen bereit, weiter zu handeln, sollten sich neue Risiken zeigen”, so Schlegel. Gleichzeitig besteht das Risiko der Überbewertung am Immobilienmarkt, der bereits jetzt Höchststände erreicht.
Auf globaler Ebene könnten geopolitische Spannungen und politische Umbrüche, wie der Machtwechsel in den USA, die wirtschaftlichen Erwartungen beeinflussen. Die SNB prognostiziert für die Schweiz ein moderates Wachstum von 1,0 Prozent im laufenden Jahr und eine Steigerung auf 1,5 Prozent bis 2025.
Ein mutiger Schritt mit offenen Fragen: Warum die Eile?
Unter Schlegels Führung hat die SNB eine mutige Richtung eingeschlagen. Ob diese Maßnahmen die beabsichtigte Wirkung zeigen werden, bleibt abzuwarten. Kurzfristig könnten der schwächere Franken und die geringeren Finanzierungskosten die Wirtschaft stimulieren. Langfristig muss sich zeigen, ob die SNB der Deflation wirksam begegnen kann oder ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.
Der Franken reagierte sofort auf die Maßnahme und verlor gegenüber dem Euro um 0,5 Prozent. Die finanzielle Gemeinschaft bleibt gespannt, wie sich die Situation entwickelt, während die SNB bereit ist, auch zukünftig flexibel auf wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren.
Weiterführendes Thema – EZB: Soll man die Zinsen senken oder nicht?