Als Wladimir Selenskij sich auf dem Bürgenstock bei der Schweiz für deren Rolle als “Mittlerin und Förderin des Friedens” bedankte, konnten die Anwesenden nicht ahnen, dass sich schon bald Spannungen zwischen Bern und Kiew offenbaren würden.
In Straßburg sorgte derweil die Wahl von Alain Berset zum Generalsekretär des Europarats für politische Aufregung.
Schon nach dem ersten Wahlgang, in dem Berset eine starke Ausgangsposition belegte, organisierten sich seine Widersacher strategisch.
Indrek Saar aus Estland, der Belgier Didier Reynders sowie Frank Schwabe, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Rat, konzipierten gemeinsame Strategien. Ein Mitglied der estnischen Delegation äußerte heftige Kritik an Berset.
Er wurde beschuldigt, im Konflikt mit der Ukraine nicht streng genug aufzutreten und zu russlandfreundlich zu sein, weshalb er eine “Gefahr für den Europarat” darstelle. Diese Anschuldigungen wurden dem SonntagsBlick von mehreren Zeugen bestätigt.
Die Kampagne scheiterte jedoch, und Berset wurde schließlich mit 114 der 245 Stimmen gewählt. Seine Unterstützung kam hauptsächlich von konservativen sowie linken und Mitte-Parteien, während ihm die Sozialdemokraten im Rat mehrheitlich die Zustimmung verweigerten.
Trotz des Erfolgs bei der Wahl stehen Berset weiterhin Schwierigkeiten bevor. Besonders die Unterstützung der ukrainischen Delegation war nicht einstimmig.
Die Geschehnisse in Straßburg werfen Fragen auf, insbesondere die Vermutung, dass die Einmischungen in die Wahl Bersets ohne Unterstützung aus Kiew nicht möglich gewesen wären.
Wie der SonntagsBlick pointiert bemerkt, bestätigen die Ereignisse einmal mehr, dass Außenpolitik vorrangig eine Politik der Interessen und weniger eine Pflege von bloßen Freundschaften durch warme Worte ist.
Die Doppelzüngigkeit von Selenskij, der sich einerseits öffentlich bei der Schweiz bedankte und andererseits im Verborgenen andere Pläne schmiedete, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.
Weiterführende Informationen – Liveticker zum Ukraine-Krieg