Die Schweiz steht vor einer wichtigen Entscheidung: Soll der Verwahrungsvertrag für den AHV-Ausgleichsfonds von der amerikanischen Bank State Street zurückgezogen und stattdessen einer Schweizer Bank übereignet werden? Diese Frage hat in der politischen Landschaft der Schweiz für erhebliche Unruhe gesorgt, besonders vor dem Hintergrund potenzieller internationaler Konflikte und Sanktionen.
Im Jahr 2023 erhielt State Street von Compenswiss, der öffentlich-rechtlichen Institution, die für die AHV verantwortlich ist, das prestigeträchtige Mandat zur Verwaltung des AHV-Ausgleichsfonds, der ein Volumen von mehr als 40 Milliarden Franken umfasst. Als Depotbank ist State Street für administrative Dienstleistungen zuständig, zu denen auch die Abwicklung von Transaktionen, die Verbuchung von Dividendenzahlungen und die Bearbeitung steuerlicher Angelegenheiten gehören. Zuvor war die UBS 26 Jahre lang Inhaber dieses Mandats, scheiterte jedoch bei der letzten Ausschreibung.
Für Dagmar Kamber Borens, die Chefin von State Street in der Schweiz, bedeutete der Zuschlag zunächst einen großen Erfolg. Die Freude war jedoch von kurzer Dauer, da bald Bedenken laut wurden. Kritiker, darunter Politiker und Experten, warnen vor den Risiken der Verwahrung von Schweizer AHV-Geldern bei einer US-Bank, insbesondere im Falle von amerikanischen Sanktionen gegen die Schweiz.
Die Befürchtung, dass die USA bei einem Konflikt Schweizer Vermögenswerte einfrieren könnten, hat den Schweizer Nationalrat mobilisiert. Dieser wird bald darüber abstimmen, ob das Mandat wieder an eine inländische Bank übertragen werden sollte. Ein entsprechender Antrag wurde von der Wirtschaftskommission des Nationalrats eingebracht, unterstützt von SVP-Nationalrat Thomas Matter, der betont: „Das Risiko einer Beschlagnahmung ist zwar gering, sollte jedoch nicht eingegangen werden.“
Kamber Borens verteidigt State Street gegen diese Vorwürfe. Sie argumentiert, dass ihre Bank im Falle von Sanktionen nicht vulnerabler wäre als eine Schweizer Bank. Als systemrelevante Institution in den USA sei es wenig wahrscheinlich, dass gegen State Street Sanktionen verhängt würden. Außerdem befänden sich die Vermögenswerte des AHV-Fonds weiterhin bei einer Unterverwahrungs-Bank in der Schweiz, nämlich der UBS.
Während die UBS den Verlust des Mandats bedauert, strebt sie nicht aktiv dessen Rückgewinnung an, betont jedoch ihre Rolle als führender Anbieter im Depotgeschäft. Die Schweizerische Bankiervereinigung, deren größtes Mitglied die UBS ist, spricht sich gegen den Antrag aus und merkt an, dass State Street das Mandat in einem fairen und transparenten Verfahren erlangt hat.
Die Diskussion um die Depotbank des AHV-Ausgleichsfonds reflektiert tiefere geopolitische und wirtschaftliche Herausforderungen, mit denen sich die Schweiz konfrontiert sieht. Während einige politische Stimmen die Rückführung des Mandates an eine Schweizer Bank favorisieren, um mögliche Risiken zu minimieren, heben andere die Bedeutung von Rechtssicherheit und korrekten Ausschreibungspraktiken hervor. Die Entscheidung des Nationalrats wird weitreichende Folgen für die Zukunft des AHV-Ausgleichsfonds haben und ein wichtiges Zeichen für die internationale Finanzkooperation setzen.
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