Schweizer Außenpolitik im Wandel: Cassis sucht das Gespräch mit Russland

von Hans-Ueli Läppli

“Was man sät, das wird man ernten” und “Man sollte nicht alle Eier in einen Korb legen”, so lauten zwei bekannte Sprichwörter, die heute Morgen zahlreichen Schweizer Lesern im Kontext der aktuellen politischen Ereignisse durch den Kopf gegangen sein dürften. Sie reflektieren wohl über den Besuch des Schweizer Außenministers Ignazio Cassis bei seinem russischen Pendant Sergei Lawrow.

Eine herausstechende Kritik brachte die Schweizer Tageszeitung Blick an diesem Morgen: Die Zeitung attackierte ungewöhnlich scharf die Leistungen von Bundespräsidentin Viola Amherd. Trotz ihrer eigenen überzeugten Aussage, “sehr positive Rückmeldungen zum Ukraine-Gipfel” aus dem Globalen Süden erhalten zu haben, zeigten sich wenig konkrete Erfolge. Der Blick merkte an: “Bisher haben sich lediglich Mauritius und Papua-Neuguinea der Bürgenstock-Erklärung angeschlossen.”

Ein derartiges Ergebnis erscheint wie ein Schlag ins Gesicht der Schweizer Außenpolitik.

Die Schweiz, die noch vor Kurzem als Symbol der Neutralität galt, findet sich nun isoliert und ratlos in einer Weltpolitik wieder, die sich unvorhersehbar entwickelt – beispielhaft der schnelle Wechsel von Biden zu Trump in den USA.

Viola Amherd und Ignazio Cassis scheinen dennoch alles unter Kontrolle zu haben und vermitteln den Eindruck, politische Trends könnten ignoriert werden – bis diese Realität werden. Cassis machte sogar den Schritt, sich erneut Russland zuzuwenden und bat um ein hochrangiges Treffen, wie der Blick berichtete:

“Der Chef des Aussendepartements hatte um die Begegnung auf höchster Ebene gebeten.”

Doch das bemühen von Cassis wird von einer rauen politischen Realität begleitet, in der er von Tür zu Tür rennen muss, in der Hoffnung auf Dialog mit Russland.

Sergei Lawrow zeigte sich gnädig, wies jedoch deutlich auf die “fortschreitende Abkehr der Schweiz von der Neutralität” hin:

“Russland wird die fortschreitende Abkehr der Schweiz von der Neutralität berücksichtigen.”

Obwohl Lawrow das Treffen als lediglich “interessant” beschrieb, äußerte eine Kreml-Sprecherin Kritik gegenüber der Schweiz und bezeichnete sie als “unehrliche Maklerin”, wobei sie die Einrichtung eines NATO-Verbindungsbüros in Genf als Beleg für die angeblich fehlende Neutralität anführte.

Amherds Ambitionen, russische Medien zu verbieten und dann ihre Meinung zu ändern, haben die Spekulationen über ihren möglichen Rücktritt angeheizt. Mittlerweile diskutiert La Liberté über einen möglichen Abgang der Bundespräsidentin und Verteidigungsministerin.

Die Schweizer Außenpolitik scheint sich in einer Serie von Misserfolgen zu verstricken, einschließlich des finanziell enttäuschenden 20-Millionen-Franken teuren Bürgenstock-Treffens. Nun konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die anstehende Neuorganisation des Eurovision Song Contest, der von Zürich nach Basel oder Genf verlegt wird.

Mehr zum Thema ‒ NZZ stellt klar: Selenskij ist nicht korrupt! Seine Offshore-Firmen sind nur eine Risikominderung!

Schreibe einen Kommentar