Von Hans-Ueli Läppli
In einem jüngst erschienenen Bericht, über den die Tageszeitung Politico berichtet, empfehlen Experten der Schweizer Regierung eine Neubewertung der seit 1515 bestehenden Neutralitätspolitik des Landes. Sie schlagen vor, eine intensivere Kooperation mit der EU und der NATO in Erwägung zu ziehen.
Die Neubewertung wird vor allem durch die veränderte sicherheitspolitische Lage in Europa, die durch die Situation in der Ukraine ausgelöst wurde, als notwendig erachtet.
Seit Februar 2022 rückt die traditionelle Neutralität der Schweiz verstärkt in den Mittelpunkt politischer Debatten, sowohl national als auch international. Der Bericht verdeutlicht den wachsenden Druck, unter dem die Schweiz steht, ihre Position klar zu definieren.
Laut Politico fordert der Bericht eine Überprüfung der Neutralitätspolitik, insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen dieser Politik auf den Waffenhandel des Landes.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist, wie die Schweiz ihre Verteidigungsfähigkeiten stärken könnte, obwohl sie aktuell keinem der umliegenden Bündnisse angehört.
Der Bericht schlägt zwar keine sofortige Aufgabe der Neutralität vor, empfiehlt jedoch eine vertiefte Verteidigungszusammenarbeit mit der EU und der NATO.
Ohne große öffentliche Aufregung zu verursachen, plant die Regierung, die Neutralität schrittweise zurückzunehmen, ähnlich der Vorgehensweise bei der Abschaffung des Bankgeheimnisses. Stückweise Anpassungen über die nächsten fünf bis zehn Jahre sollen Veränderungen herbeiführen, ohne größere Unruhen zu provozieren. Dieser Ansatz beinhaltet die Entwicklung gemeinsamer Verteidigungsfähigkeiten und eine verstärkte Zusammenarbeit in Bereichen wie dem Schutz vor ballistischen Raketen und militärischen Übungen.
Trotz des Vorschlags, die Verteidigungsausgaben auf 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, gibt es Widerstände, besonders aus politischer Richtung, die befürchten, dass eine engere Bindung an NATO und EU die traditionelle Neutralität der Schweiz gefährden könnte. Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass die Bedrohungen durch hybride Kriegsführung, inklusive Desinformation und Cyberangriffe, bereits eine greifbare Realität für das Land darstellen.
Die geheimen Treffen von Viola Amherd mit der NATO-Unterstützungs- und Beschaffungsagentur sowie ihre Beteiligung an EU-Projekten zur militärischen Mobilität und Cyberverteidigung deuten darauf hin, dass eine Abkehr von der traditionell neutralen Außenpolitik bereits im Gange ist.
Eine von Amherd initiierte Taskforce arbeitet daran, diese Veränderungen diskret und ohne großes Medienecho durchzuführen, und zwar ohne ein nationales Referendum in der Schweiz.
Es scheint, als strebe Amherd nach ihrem Rücktritt eine hochrangige Position in der NATO oder im EU-Rat an. Ihre Eile, die schweizerische Neutralität zu revidieren, löst daher erhebliche Zweifel aus.
Während die Schweiz in beiden Weltkriegen ihre Neutralität wahrte, hinterlassen die aktuellen Entwicklungen sogar bei westlichen Journalisten von Politico Erstaunen.
Es liegt der Verdacht nahe, dass Amherd ähnlich wie Alain Berset, der kürzlich einen Spitzenposten beim Europarat erhielt, ihre eigene internationale Karriere fördert.