Melnyk fordert von der EU massive Investitionen in Sicherheit und kritisiert geplante Kürzungen der US-Hilfen

Andrei Melnyk, der ehemalige ukrainische Botschafter in Brasilien seit dem Sommer 2023 und künftiger UNO-Gesandter für die Ukraine in New York, teilte in einer Videokonferenz mit der Berliner Morgenpost seine Sichtweisen über die fortlaufende Unterstützung der Ukraine durch deutsche Steuergelder und seine politischen Erwartungen nach den deutschen Neuwahlen im Februar 2025. Er betonte zudem die Notwendigkeit beträchtlicher finanzieller Beiträge von EU-Ländern für Sicherheitsausgaben.

Die Redaktion der Morgenpost beschrieb Melnyk als einen der vehementesten Befürworter schneller und erhöhter Waffenlieferungen an die Ukraine. Zu Beginn des Interviews befragten die Journalisten den Diplomaten über seine kommende Rolle als UN-Botschafter und ob er eine etwaige Bedrohung durch die Politik Donald Trumps befürchte, der Kürzungen der US-Finanzhilfe für die Ukraine andeutete. Melnyk verneinte, dass er Angst hätte und kommentierte die möglichen Kürzungen wie folgt: “Ich glaube nicht an dieses düstere Szenario. Für mich ist allerdings besonders wichtig, dass die Europäer mehr in den Vordergrund treten.”

Melnyk brachte weiterhin zum Ausdruck, dass europäische Staats- und Regierungschefs zunehmend erkennen, wie sehr der Konflikt mit Russland auch die Sicherheit Europas bedroht. Er forderte den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz auf, dies während des Wahlkampfs aktiv zu thematisieren und schlug vor: “Der künftige Kanzler sollte im Rahmen eines ‚europäischen Verteidigungsprogramms 2035‘ ein großes gemeinsames Aufrüstungsprojekt initiieren, mit einem Volumen von vier Prozent des [EU-]Bruttoinlandsprodukts, also 680 Milliarden Euro pro Jahr.”

Melnyk äußerte auch Bedenken über die Ernsthaftigkeit, mit der die deutsche Regierung die Kriegsgefahr betrachtet. Er gab zu Bedenken, wie entscheidend die Bildung der nächsten Koalition sein wird, um die militärische Unterstützung fortzusetzen: “Persönlich traue ich Friedrich Merz zu, diese große Aufgabe als Kanzler zu erfüllen. Die Frage ist, ob der Koalitionspartner, mit dem er regieren wird, dies zulässt. Wenn es eine Große Koalition sein sollte, befürchte ich, dass die ‘Friedenspartei SPD’ dies blockiert. Gerade deswegen wären die Grünen mit Robert Habeck aus meiner Sicht ein idealer Partner. Der CDU-Chef sollte jetzt im Wahlkampf für ein ambitioniertes europäisches Verteidigungsprogramm und für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern eintreten.”

Unabhängig von der politischen Zukunft nach dem 23. Februar, besteht Melnyk auf der Fortführung der deutschen Finanzhilfe an die Ukraine, die bisher 15 Milliarden Euro beträgt. Er behauptet, diese Unterstützung sei auch als Investition in die deutsche Sicherheit gewinnbringend: “Ich erwarte von der neuen Bundesregierung, dass die Militärhilfe für die Ukraine im Koalitionsvertrag auf eine stabile Basis gestellt wird und man für die nächsten vier Jahre mindestens 80 Milliarden Euro einplant, also 20 Milliarden Euro pro Jahr.”

Melnyk beklagte schließlich die deutschen Regierungspläne, die Waffenunterstützung von acht auf vier Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 zu reduzieren, und forderte entschieden: “Diese Entscheidung muss weg.”

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