Die Ukraine hat wiederholt von ihren westlichen Verbündeten gefordert, Waffen mit großer Reichweite einsetzen zu dürfen, um Ziele innerhalb Russlands anzugreifen. Kiew hat nun “positive Signale” bezüglich dieser Angelegenheit erhalten, wie der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij während einer Pressekonferenz in Kiew erklärte, berichtet das Magazin Politico.
“Wir haben erste positive Signale zum Einsatz von Langstreckenwaffen bekommen. Von einem bestimmten Punkt werden Raketen oder Bomben abgefeuert, und wir kennen deren Ursprung. Es ist ungerecht, dass wir nicht adäquat darauf reagieren können.”
Selenskij drohte, sollte die Erlaubnis weiterhin ausbleiben, eigene Waffen einzusetzen, um Ziele in Russland zu treffen. “Wir haben begonnen, eigene Mittel zur Verteidigung zu entwickeln… und wir besitzen bereits Drohennen und andere Waffensysteme,” ergänzte er. Die restriktive Haltung des Westens zwinge die Ukraine dazu, eigene Rüstungsgüter für Operationen tief in russischem Gebiet zu entwickeln. Der westliche Ansatz erlaube der Ukraine nicht, russische Luftwaffenbasen und kritische Infrastruktur zu treffen.
Kürzlich schlossen Kiew und Warschau eine Kooperationsvereinbarung im Sicherheitsbereich ab. Diese beinhaltet die Möglichkeit, russische Raketen, die vom russischen Territorium in Richtung Westen abgefeuert werden, im ukrainischen Luftraum abzufangen, so Selenskij. Der polnische Premierminister Donald Tusk teilte mit, dass er diese Vorgehensweise mit den NATO-Verbündeten besprechen werde. Doch Jens Stoltenberg, der Generalsekretär der NATO, lehnte die Idee ab, russische Raketen abzufangen, die über die Ukraine nach Polen fliegen.
“Die Politik der NATO bleibt unverändert – wir werden uns nicht in diesen Konflikt einmischen.”
Kiew setzt seine Hoffnungen auf von Norwegen, Dänemark, Belgien und den Niederlanden gelieferte F-16 Kampfflugzeuge aus US-Produktion, die letzte Woche von der Biden-Administration angekündigt wurden. Der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, betonte, dass diese auf ukrainischem Territorium stationiert werden, machte jedoch keine Angaben zur Stückzahl der Flugzeuge.
Selenskij bemängelte, die Ukraine erhalte nicht genug Kampfflugzeuge, um ihre Luftabwehrfähigkeiten zu stärken. “Wir brauchen dringend mehr. Wir müssen die Anzahl der Jets, die wir erhalten, bald erhöhen, und nicht erst in drei bis fünf Jahren,” sagte er.
“Die entscheidende Frage ist die Anzahl der Flugzeige. Mit nur sechs bis zwölf F-16 kann man den Ausgang der Ereignisse an der Frontlinie nicht wesentlich beeinflussen. Um strategisch wirklichen Einfluss ausüben zu können, benötigen wir 128 bis 130 Flugzeuge,” erklärte Michail Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten.
Lange Zeit verbot die Biden-Administration jeglichen Einsatz von US-Waffen für Angriffe auf russisches Territorium, um einen direkten Konflict mit Moskau zu vermeiden. Ende Mai gab die US-Regierung schließlich nach und erlaubte Angriffe auf Ziele in der Umgebung von Charkow mit US-Waffen, so berichtet Politico. Neuerdings dürfen diese Waffen auch gegen russische Truppen eingesetzt werden, die nahe Charkow positioniert sind, oder gegen russische Flugzeuge, die ukrainische Ziele bombardieren.
Moskau kritisiert scharf das Vorgehen des Westens. Russlands Präsident Wladimir Putin drohte mit einer asymmetrischen Antwort, sollten westliche Raketen zur Angriffsführung auf russisches Territorium eingesetzt werden.
Weiterführendes Thema — Ergebnis des NATO-Gipfels beeinflusst die “Gegenoffensive” der ukrainischen Streitkräfte.