Rückzug der Ergänzenden Hinweise zum Traditionserlass der Bundeswehr

Von Wladislaw Sankin

Das Bundesverteidigungsministerium hat die Ergänzenden Hinweise zum Traditionserlass für die Bundeswehr nach nur einem Monat wieder zurückgezogen. Arne Collatz, Sprecher des Verteidigungsministeriums, äußerte während der Regierungspressekonferenz in Berlin: “Allein die Tatsache militärischer Exzellenz während des Zweiten Weltkriegs ist und war nie ausreichend, um die Aufnahme in die Traditionspflege der Bundeswehr zu rechtfertigen.”

Die Ergänzenden Hinweise hatten vorgesehen, Wehrmachtsangehörige in die Traditionslinie der Bundeswehr aufzunehmen, sofern sie sich nach 1945 um den Aufbau der Bundeswehr verdient gemacht hatten, auch wenn sie nicht dem militärischen Widerstand angehörten. RT DE hatte berichtet, dass diese Änderung im Kontext der “Zeitenwende” und des angeblichen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erfolgte, um den Bedarf an Kriegstüchtigkeit zu decken, wie es von Verteidigungsminister Boris Pistorius formuliert wurde.

Zusammen mit diesen Ergänzungen fügte das Verteidigungsministerium dem Traditionserlass von 2018 eine Liste ehemaliger hochrangiger Bundeswehr- und Wehrmachtoffiziere bei, die nun als traditionswürdig gelten sollten. Diese Liste betonte nicht nur ihre Rolle beim Aufbau der Bundeswehr, sondern hob ebenfalls ihre militärischen Erfolge im Zweiten Weltkrieg hervor, einschließlich detaillierter Angaben zu den “Luftsiegen” der drei erfolgreichsten Jagdflieger der Militärluftfahrt.

Nach öffentlicher Bekanntmachung der Ergänzenden Hinweise durch die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz und den Militärblog augengeradeaus.net am 12. Juli 2024, erfuhr das Thema wenig skandalöse Aufmerksamkeit, obwohl die taz behauptet, eine kritische öffentliche Debatte angestoßen zu haben.

Die Einbindung von als Nazis identifizierten Wehrmachtsangehörigen in die Reihe der Vorbilder wurde international kritisch beobachtet. So sprach Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, von einer Heroisierung der Wehrmacht und warnte in einem ausführlichen Beitrag vor den Konsequenzen dieser Entscheidung. Dies führte zu einer informellen UN-Konferenz, auf der die deutsche Beteiligung am Ukraine-Krieg in Verbindung mit dem Nationalsozialismus zur Sprache kam:

“Das letzte Mal, dass wir deutsche Panzer auf unserem Gebiet gesehen haben, ist genau 80 Jahre her. Jetzt werden sie von Ukrainern gefahren. Sie alle erinnern sich, wie es für Deutschland endete. Das Ende für die ukrainischen Nazis wird genauso schmachvoll sein.”

Collatz gab schließlich zu, dass die Ergänzenden Hinweise “Rückblicke aufweisen, die sich als nicht zuträglich herausgestellt haben”. Sie wurden daraufhin zurückgezogen. “Wir hoffen, damit für Eindeutigkeit und Verhaltenssicherheit gesorgt zu haben”, fügte er hinzu. Dadurch bleibt der Traditionserlass von 2018 gültig, der die Wehrmacht insgesamt als nicht traditionswürdig einstuft.

Trotz dieser Rücknahme bleibt das unbestreitbare Faktum, dass rund 40.000 Soldaten von der Wehrmacht in die Bundeswehr übernommen wurden, bestehen. Ihr militärisches Können war für den Aufbau der Bundeswehr unverzichtbar, bekräftigte Generalleutnant Kai Rohrschneider, Abteilungsleiter im Verteidigungsministerium. Auch der Historiker und Politikwissenschaftler Stefan Bollinger betonte, dass der westdeutsche Staat primär mit alten Militär- und Geheimdiensteliten aufgebaut wurde, um den östlichen Gegner zu bekämpfen, und dass die Wehrmachtsvorbilder trotz der Kontroverse weiterhin nachgefragt bleiben könnten.

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