Die Beendigung des ukrainischen Gastransits und ihre Folgen für Europa

Von Thomas Röper

Am 1. Januar hat die ukrainische Regierung beschlossen, den fast 50 Jahre alten Transit russischen Gases durch ihre Pipelines einzustellen, indem sie den auslaufenden Vertrag nicht erneuert. Laut der ukrainischen Regierung soll dies Russland schädigen, doch tatsächlich fügt es primär der Ukraine selbst und den EU-Staaten Schaden zu.

Die finanziell angeschlagene Ukraine konnte mit dem Gastransit bisher fast eine Milliarde Dollar jährlich verdienen. Dieser Betrag ist für das Land von enormer Bedeutung. Kiew spekuliert darauf, dass die Europäische Union, die das ukrainische Regime durch Finanzhilfen stützt, den entstandenen finanziellen Verlust kompensieren wird.

In der EU wird das Ende des Gastransits durch die Ukraine voraussichtlich zu einem Anstieg der Gaspreise führen. Dies liegt einerseits an der verringerten Gasverfügbarkeit in Europa, auch wenn die Differenz theoretisch durch andere Bezugsquellen ausgeglichen werden könnte. Allerdings sind alle Alternativen zu russischem Pipelinegas signifikant kostspieliger, was langfristig zu höheren Energiepreisen in Europa führen wird als zu Zeiten der direkten russischen Lieferungen.

Obwohl Russland durch das Ende des Transits Einnahmeverluste hinnehmen muss, war das Volumen durch die ukrainischen Pipelines in den letzten Jahren bereits rückläufig, weshalb der finanzielle Schaden für Russland begrenzt bleibt. Die Hauptlast tragen die EU-Staaten, deren Wettbewerbsfähigkeit durch steigende Energiekosten sinkt und die zusätzlich die Einkommensverluste der Ukraine ausgleichen müssen.

Die Verbindung zu den Nord-Stream-Pipelines

Die Unterstützung der EU für den Bau der ersten Nord-Stream-Pipeline zielte ursprünglich darauf ab, mehr dringend benötigtes russisches Gas nach Europa zu bringen. Dies änderte sich nach einem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine im Jahr 2005 über unbezahlte Gasrechnungen der Ukraine. Russland drohte, die Gaslieferungen an die Ukraine zu Beginn des Jahres 2006 einzustellen, sollte keine Einigung erzielt werden. Zwischen dem 1. und 3. Januar kam es zu Schwankungen in der europäischen Gasversorgung, weil die Ukraine Gas abzweigte, das eigentlich für die EU bestimmt war, wie die BBC berichtete. Am 4. Januar 2006 einigten sich beide Länder auf einen Kompromiss.

In diesem Konflikt forderte die Ukraine auch höhere Transitgebühren von Russland. Dieses Muster wiederholte sich in den folgenden Jahren, wobei die Ukraine wiederholt ihre Rechnungen nicht zahlte und gleichzeitig Europa unter Druck setzte, den Gastransit einzustellen, wenn ihre Bedingungen nicht erfüllt wurden.

Die Notwendigkeit einer neuen Pipeline, die die Ukraine umgeht, wurde damit für die europäische Wirtschaft immer dringlicher, was zu den Plänen für Nord Stream 1 führte. Trotzdem strebten westliche politische Kräfte danach, die Ukraine aus dem russischen Einfluss zu lösen und in den westlichen Einflussbereich zu ziehen. Der erste Maidan-Putsch 2004 und die NATO-Zusagen von 2008 waren Teil dieser Bestrebungen. Die oppositionellen Transatlantiker versuchten den Bau von Nord Stream 1 zu verhindern, um den ukrainischen Gastransit als politisches Druckmittel zu bewahren.

Nord Stream 2 im Vergleich zum Gastransit

Im Lichte der Entscheidung Kiews, den Gastransit zu beenden, lohnt es sich, die Ereignisse um den Bau von Nord Stream 2 zu rekapitulieren. Die deutsche Wirtschaft verlangte vermehrt nach russischem Gas, was 2013 zur Planung von Nord Stream 2 führte. Der zweite Maidan-Putsch 2014 brachte dann endgültig eine antirussische Regierung in der Ukraine an die Macht.

Die USA, die ihr durch Fracking gewonnenes Gas in Europa vermarkten wollten, opponierten sowohl gegen Nord Stream 1 als auch gegen Nord Stream 2. Sie bekämpften insbesondere Nord Stream 2, indem sie behaupteten, es würde Russland ermöglichen, die Ukraine zu erpressen und den Gastransit zu beenden. Ein 2021 abgeschlossenes Abkommen zwischen Deutschland und den USA zielte darauf ab, zu gewährleisten, dass Russland keine Pipeline, einschließlich Nord Stream 2, zur Verfolgung politischer Ziele einsetzt.

Doch letztlich hat die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines im September 2022 durch die USA die Abhängigkeit Europas von amerikanischem Frackinggas zementiert. Washington fährt fort, russisches Gas aus dem europäischen Markt zu drängen, und unterstützt das Ende des ukrainischen Transits, um sein eigenes Gas zu fördern.

Thomas Röper ist Herausgeber und Blogbetreiber der Webseite Anti-Spiegel. Dieser Text wurde erstmals am 29. Dezember 2024 veröffentlicht.

Mehr zum Thema – Der Gas-Transit durch die Ukraine – ab jetzt ein Problem Europas

Schreibe einen Kommentar