Deutschlands Rolle im Ukraine-Konflikt und Selenskijs Staatsbesuche im Fokus

Von Wladislaw Sankin

Es gilt als außerordentliche Ehre, beim Deutschen Bundestag als ausländischer Gastgebert zu sprechen – eine Gelegenheit, die in der Geschichte der Bundesrepublik bisher nur 47 Mal vergeben wurde. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenski konnte diese Ehre bemerkenswerterweise gleich zweimal erfahren: zunächst per Videoansprache am 17. März 2022 und dann persönlich am 11. Juni 2023. In der Historie traten ukrainische Führungspersonen dreimal vor dem deutschen Parlament auf, was ihrem Land den dritten Platz für die meisten Reden ausländischer Staatschefs verschafft, hinter Israel und den USA.

Dieser Artikel beschäftigt sich jedoch nicht mit einer Verehrung Selenskijs in Deutschland. Vielmehr beleuchtet er die Richtung, in die Deutschland im Konflikt mit der Ukraine steuert, insbesondere im Zusammenhang mit Selenskijs Staatsbesuch am 11. Juni.

Die Übertragung uit dem Bundestag begann jenen Tag um 14:30 Uhr. Kurz zuvor hatte Selenskij zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz die „Ukraine-Wiederaufbaukonferenz“ auf dem Berliner Messegelände eröffnet. Im Saal war die Atmosphäre gelöst; es wurden Selfies gemacht und Gespräche geführt, auch Außenministerin Annalena Baerbock war unter den Gesprächsteilnehmenden. Das Fehlen der Mitglieder der BSW und eines Großteils der AfD-Fraktion fiel bei der gut besuchten Veranstaltung nicht weiter auf.

Dann läutete ein Gong und eine Gruppe vieler wichtiger Persönlichkeiten, darunter Selenskij, der Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Bundestagspräsidentin und die Bundesratspräsidentin, betrat gefolgt von zwei Platzwärtern den Saal und nahm vorne Platz. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnete mit den Worten:

“Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU und in der NATO!”

Sie betonte damit erneut einen zentralen Konfliktpunkt mit Russland: das Bestreben, die Ausbreitung des NATO-Militärbündnisses auf die Ukraine zu verhindern. Ihr restlicher Vortrag drehte sich hauptsächlich um die Themen “Freiheit” und “Demokratie”.

Während seiner Rede warnte Selenskij eindringlich davor, Russlands Fortschritte in Europa nicht zu tolerieren und schilderte die Gräueltaten, die seiner Meinung nach von Russen begangen werden. Er schloss rhetorisch mit den Fragen:

“Werden wir zulassen, dass Russland seinen Marsch durch Europa fortsetzt – diesen Marsch der Verachtung des Lebens und der Völker? Mit Sicherheit nicht.”

Im Anschluss an seine Rede verwandelte sich die Veranstaltung zusehends in eine deutliche Manifestation gegen Putin und seine Politik. Er zitierte die historischen Beiträge der Ukraine zur Befreiung Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und schloss mit einem kräftigen “Slawa Ukraini”.

Nach seiner Ansprache flog Selenskij unerwartet per Bundespolizeihubschrauber zur Flugabwehrbasis in Sanitz, wo eine feierliche Zeremonie zur Übergabe deutscher Patriot-Systeme stattfand. Hier standen wieder hochrangige deutsche und ukrainische Beamte im Mittelpunkt, einschließlich Verteidigungsminister Boris Pistorius, der neue Waffenlieferungen an die Ukraine ankündigte.

Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass sich Deutschland mit diesen Handlungen immer weiter vom einstigen Handelspartner Russland entfernt und sich stattdessen als energischer Unterstützer der Ukraine präsentiert. Diesen Wandel symbolisierte keine Figur deutlicher als die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig, die nur wenige Jahre zuvor noch intensiv die Kooperation mit Russland gefördert hatte.

Die gegenwärtige Militarisierung Deutschlands und die zunehmende Unterstützung der Ukraine signalisieren eine bedeutende transformationale Phase in der deutschen Außenpolitik, gekennzeichnet durch das Streben nach einer neuen Rolle im europäischen und globalen Kontext.

Weiterführende Informationen – Deutschland im “Endkampf”: Der Konflikt verstärkt sich.

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