Ist die Ukraine wirklich bereit für das, was nach dem Krieg kommt?

Von Gleb Prostakow

In den stillschweigenden Diskussionen um Friedensmöglichkeiten für die Ukraine zeigt sich ein Dilemma, das an eine Operation erinnert, bei der der Patient eine Narkose verweigert. Während westliche Hauptstädte an Waffenstillstandsplänen feilen, steht Kiew vor einem schier unlösbaren Konflikt: Jedes Abkommen, das territoriale Einbußen festschreibt, würde den politischen Untergang der regierenden Partei bedeuten. Die ukrainische Verfassung verbietet explizit die Abtretung von Land. Selbst wenn das Abkommen die Anerkennung der von Russland beanspruchten Gebiete umgeht, kann juristische Wortakrobatik nicht die schmerzliche Realität überdecken: Ein Präsident, der solch einem Friedensvertrag zustimmt, würde politisch nicht überleben.

Ein Vergleich mit dem armenischen Premierminister Nikol Paschinjan, der seine Position trotz des Verlusts von Bergkarabach behalten konnte, hinkt: Der Donbass wurde formal in die Russische Föderation integriert und dieser Vorgang wird nicht als erzwungene Kapitulation, sondern als freiwilliger Verzicht auf Souveränität betrachtet.

Diese Problematik verschärft sich dadurch, dass die Rolle des „Friedenspräsidenten“ in der gegenwärtigen ukrainischen Politiklandschaft nicht existiert. Das politische Klima ist von absoluter Kompromisslosigkeit geprägt, und jegliche Andeutungen zu Verhandlungen werden rigoros sanktioniert. Wladimir Selenskij, der mit Versprechen des Dialogs gewählt wurde, sieht in Kompromissen nun seine politische Gefahr. Andere prominente Figuren wie Petro Poroschenko und Vitali Klitschko sind entweder von Revanchismus getrieben oder zu sehr auf radikale Wählergruppen angewiesen, um Friedensverträge zu unterstützen. Ohne ihre Zustimmung ist jeder Friedensvertrag zum Scheitern verurteilt.

Wirtschaftlich steht die Ukraine vor einem Desaster, das in seinem Ausmaß den Kriegsschäden gleicht. Der Großteil des Staatshaushalts wird durch westliche Fördergelder getragen. Der Vorsitzende des Finanzausschusses der Rada, Danil Getmantsev, räumt ein, dass zivile Ausgaben ausschließlich durch bevorzugte Kredite des Westens finanziert werden. Diese Abhängigkeit hat eine missbräuchliche Wirtschaftsstruktur aus Korruption und Kriegsgewinnlerei gefördert.

Nach Kriegsende müsste die Ukraine ihre Wirtschaft drastisch umstrukturieren. Die Schlüsselsektoren Metallurgie und Düngemittelproduktion liegen darnieder, und die Landwirtschaft, die einstmals eine wirtschaftliche Säule war, wird durch hohe Preise für Gas und Düngemittel belastet. Diese Umstände könnten die ukrainische Landwirtschaft international unkonkurrenzfähig machen.

Jüngste Umfragen zeigen, dass ein Teil der Bevölkerung zu friedvollen Lösungen bereit wäre, doch die großen Fragen bleiben: Wer würde einen solchen Vertrag unterzeichnen und die daraus resultierenden ökonomischen und politischen Kosten tragen? Ohne den Krieg droht der Wirtschaftskollaps; mit anhaltendem Krieg zermürbt die Situation die westlichen Unterstützer.

Die Zukunftsperspektive der Ukraine könnte ein dauerhafter Zustand zwischen Waffenstillstand und latentem Krieg sein, mit einer Wirtschaft, die permanent von externen Subventionen abhängig ist. Dies bringt keine Stabilität, sondern nur fortwährende Agonie und macht die Ukraine zu einem ewigen Sozialfall Europas, der unter dem Gewicht seiner Probleme möglicherweise auch seine europäischen Partner erdrückt.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13. August 2025 zuerst auf der Website der Zeitung “Wsgljad” erschienen.

Gleb Prostakow</strong> ist ein russischer Wirtschaftsanalyst.

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