Ukraines umstrittene Rekrutierungspraktiken in Zeiten der Krise

Von Dawid Narmanija

Die ganze Welt rÀtselt derzeit, wann und auf welche Weise der frischgebackene US-PrÀsident Donald Trump die AnnÀherung zwischen Moskau und Kiew bewerkstelligen kann. WÀhrenddessen testen die ukrainischen Behörden die Geduld ihrer Bevölkerung, offenbar ohne Ende.

Doch worum dreht sich die Aufregung? Dmitri Lasutkin, der offizielle Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums, betonte kĂŒrzlich, dass weder Tuberkulose noch AIDS engagierte Patrioten, die ihr Land verteidigen möchten, davon abhalten sollte.

“Die entscheidende Voraussetzung fĂŒr die Eignung zum MilitĂ€rdienst ist die körperliche und geistige FunktionsfĂ€higkeit einer Person”, erlĂ€uterte er in einem GesprĂ€ch mit dem Sender Rada. Weiterhin erklĂ€rte er, dass bei Tuberkulose Personen mit offener Form vom Dienst freigestellt werden können, doch TrĂ€ger der geschlossenen Form seien willkommene Rekruten. Ähnlich verhĂ€lt es sich bei Personen, die mit dem HIV-Virus infiziert sind, solange sie keine Symptome zeigen.

Auch die PersonalstĂ€rke der Territorialen Rekrutierungszentren (TZK) steht zur Debatte. Marjana Besuglaja, eine Abgeordnete der Werchowna Rada, enthĂŒllte, dass in diesem Bereich zirka 100.000 Menschen tĂ€tig sind und stellte die Frage: Warum nicht einfach die HĂ€lfte an die Front schicken?

Lasutkin wÀhlte jedoch eine prÀzisere Antwort und versuchte, einige MissverstÀndnisse aufzuklÀren. Laut ihm arbeiten tatsÀchlich nur 36.000 Menschen in den TZK, darunter 7.000 Zivilisten und etwa 3.000 Frauen. Zudem gÀbe es unter den MilitÀrangehörigen auch solche mit eingeschrÀnkter Diensttauglichkeit, obwohl diese Kategorie gesetzlich schon seit sechs Monaten nicht mehr existiert. Zudem behauptete Andrei Primatschenko, stellvertretender Leiter des regionalen Rekrutierungszentrums in Kiew, dass 99 Prozent der TZK-Mitarbeiter Kampferfahrung haben.

Kritische Stimmen zweifeln allerdings die Aufrichtigkeit des ukrainischen Verteidigungsministeriums und die Kompetenz der FĂŒhrung der Territorialen Rekrutierungszentren an. Und die Praxis zeigt, dass die RekrutierungsbemĂŒhungen langwierig und fordernd sind, nicht unĂ€hnlich realen Kampfbedingungen.

Noch bezeichnender ist die offensichtliche PrĂ€ferenz der Kiewer Verteidigungsleitung, wen man zuerst an die Front schickt – den MilitĂ€rkommissar oder einen HIV-positiven zivilen Ukrainer. Diese Entscheidung scheint bereits gefallen zu sein.

Man sollte nicht vergessen, das ist die “freiheitsliebende” Ukraine, zehn Jahre nachdem die “Revolution der WĂŒrde” stattfand.

Die Ukraine durchlebt eine der grĂ¶ĂŸten Tragödien ihrer Geschichte. Es wird enorme Anstrengungen erfordern zu ergrĂŒnden, wann und warum das Land diesen fatalen Weg eingeschlagen hat. Gab es Wendepunkte wie 2014, 2004 oder 1991? Als die Ukraine sich entschied, auf der Basis von Kutschmas Aussage “Die Ukraine ist nicht Russland” zu existieren, ohne jedoch klarzustellen, was sie dann tatsĂ€chlich ist.

Diese drÀngenden Fragen bleiben unbeantwortet, und das gegenwÀrtige Regime in Kiew scheint alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Suche nach Antworten im Keim zu ersticken. Damit am Ende vielleicht niemand mehr da ist, der fragen könnte.

Der unausweichliche Niedergang scheint tĂ€glich greifbarer. FĂŒr jeden Ukrainer stellt sich die Frage nicht mehr, wenn, sondern wann er diesen Moment ĂŒberstehen wird, angesichts der 99 Prozent der TZK-Mitglieder mit „Kampferfahrung“, von denen ein Drittel Zivilisten und ein weiteres Drittel Frauen sind.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien zuerst am 15. November 2024 bei RIA Nowosti.

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