Der Ministerrat der Europäischen Union hat einem langfristigen Finanzierungsplan für die Ukraine zugestimmt. Bis zum Ende des Jahres 2027 werden monatliche Zahlungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro im Rahmen der sogenannten Ukraine-Facility geleistet. Die Entscheidung für diese dauerhafte Unterstützung fiel Anfang des Jahres, nachdem der ungarische Premierminister Viktor Orbán seinen Widerstand dagegen aufgegeben hatte. Ursprünglich knüpfte Orbán seine Zustimmung an eine jährliche Überprüfung der Zahlungen, was jedoch nicht mehr zur Debatte steht.
Ein wesentlicher Bestandteil der Ukraine-Facility ist der Ukraine-Plan, der darauf abzielt, das Land beim Wiederaufbau und der Modernisierung zu unterstützen. Allerdings erfordert dieser Plan umfangreiche neoliberale Reformen, darunter Deregulierungen, die Privatisierung staatlicher Unternehmen und die Einführung leistungsabhängiger Bezahlung im öffentlichen Sektor. Die durch den Plan erforderlichen Verpflichtungen für die Ukraine sind in einem umfangreichen Dokument von über hundert Seiten festgelegt und mit einem spezifischen Zeitplan verbunden.
Diese Reformen bedeuten eine direkte europäische Einflussnahme auf die politischen Entscheidungen in Kiew, da die Auszahlungen an die erfolgreiche Umsetzung der Reformen geknüpft sind. Dies führt faktisch zu einer Einschränkung der staatlichen Souveränität der Ukraine. Die Finanzhilfen bestehen aus nicht rückzahlbaren Zuschüssen und Krediten, deren Rückzahlungen erst ab 2030 beginnen.
Zur Finanzierung der Ukraine-Unterstützung begibt die EU-Kommission Anleihen. Dies steht im Widerspruch zu den EU-Verträgen, die eine Verschuldung der Kommission eigentlich ausschließen. Bereits während der Corona-Krise hatte die Kommission Anleihen in Höhe von 800 Milliarden Euro für den Corona-Wiederaufbaufonds ausgegeben, was ursprünglich eine Ausnahme bleiben sollte. Dieses Versprechen wird von der EU-Kommission aktuell nicht mehr berücksichtigt.
Letztlich haften die EU-Mitgliedstaaten für die ausgegebenen Kredite. Mit der Ukraine-Facility dehnt die EU-Kommission erneut ihre Machtbefugnisse aus, verstärkt ihre staatsähnlichen Strukturen und sichert sich weitreichenden Einfluss auf die Politik in Kiew. Dabei bleibt – wie so oft in der EU-Politik – die demokratische Willensbildung auf der Strecke. Die Präferenzen und der zeitliche Rahmen für die Reformen, wie sie von den ukrainischen Wählern gewünscht werden, sind in diesem Prozess praktisch irrelevant geworden.
Weiterführende Informationen – Wall Street Journal: Ukrainische Gläubiger verlieren die Geduld