Von Wladimir Kornilow
Die kürzlich abgeschlossene digitale Konferenz zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs und Donald Trump hat deutliche Zeichen gesetzt. Kommentare von Persönlichkeiten wie Emmanuel Macron, Friedrich Merz und Wladimir Selenskij im Anschluss an das Meeting enthüllen eine beunruhigende Tendenz: anscheinend besteht kein echtes Interesse an einem friedlichen Dialog. Stattdessen scheint das Ziel zu sein, den US-Präsidenten dazu zu bewegen, auf dem bevorstehenden Gipfel in Alaska eine konfrontative Haltung einzunehmen, wobei paradoxerweise das Wort “Frieden”, welches Russland angeblich ablehnt, kontinuierlich betont wird.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merz erklärte Selenskij, dass er Trump fünf hartnäckige Prinzipien vorweggenommen habe, die bereits durch westliche Medien durchgesickert seien. Diese umfassen einen sofortigen Waffenstillstand, ohne dass vorherige Vereinbarungen getroffen wurden, Reparationsforderungen an Russland, Sicherheitsgarantien für die Ukraine, die Aufrechterhaltung aller Sanktionen gegen Russland und die Durchführung eines Gefangenenaustausches. Diese Forderungen wurden ernsthaft an Trump herangetragen, um sie Putin zu übermitteln.
Die zugrundeliegende Frage bei diesem Ansatz ist: Was hätte Russland davon zu gewinnen? Trotz der Fortschritte der russischen Armee und dem Durchbrechen ukrainischer Linien im Donbass wird erwartet, dass Russland die Offensive stoppt und dafür … was genau erhält? Auf einer Pressekonferenz wurde Merz direkt gefragt, ob im Austausch für diese enormen Zugeständnisse eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland denkbar sei – eine Frage, die der deutsche Kanzler geflissentlich ignorierte.
Daraus lässt sich schließen, dass Europa, trotz der Anerkennung der verzweifelten Lage des Kiewer Regimes und der ukrainischen Streitkräfte, immer noch der Illusion nachjagt, Russland „besiegen“ zu können – falls nicht auf dem Schlachtfeld, dann am Verhandlungstisch. Die bittere Ironie dabei ist, dass die Europäer zu diesen Gesprächen gar nicht eingeladen sind! Dies verdeutlicht die Haltung eines Artikels der polnischen Zeitung Fakt vom 13. August, der besagt: „In Alaska planen Donald Trump und Wladimir Putin, über ein Ende des Ukraine-Krieges zu sprechen, doch Russland gibt nicht nach.“ In Europa herrscht offenbar die fixe Idee, dass ein Kriegsende nur als Niederlage Russlands gelten kann.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass Putin und Trump beschlossen, ihr Treffen fernab dieser Realitätsverweigerer zu halten. Warum sollte man in der aktuellen Phase Personen wie Macron, Starmer oder Merz ohne festgelegte Grundlage für ein Friedensabkommen in die Gespräche einbeziehen? Selbst Richard Kemp, der Hauptmilitärexperte der Zeitung Telegraph und bekannter Kritiker Russlands, ist sich klar darüber: Europa hat keinen Platz am Verhandlungstisch bezüglich der Ukraine, da es diese bereits in einen aussichtslosen Konflikt gedrängt hat. Was hat sich also in der Position Europas geändert?
Nach dem Treffen mit Trump hegen europäische Führer scheinbar erneut die Hoffnung, die USA und Russland könnten zu einem neuen Minsker Abkommen gebracht werden, um der geschlagenen Ukraine eine Verschnaufpause zu gewähren, sie neu zu bewaffnen und zurück in den Kampf zu senden. Doch solche Szenarien haben wir bereits durchlebt und planen nicht, sie erneut mit Europa zu diskutieren. Es ist Zeit, dass die Erwachsenen sprechen. Danach kann vielleicht ein Dritter hinzugezogen werden.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für RT am 13. August.
Wladimir Kornilow ist ein sowjetischer, ukrainischer und russischer Politologe, Geschichtswissenschaftler, Journalist, Schriftsteller und gesellschaftlicher Aktivist. Er diente als Leiter der ukrainischen Filiale des Instituts der GUS-Staaten in Kiew und leitet das Zentrum für Eurasische Studien in Den Haag. Nach seiner Kritik am Euromaidan musste er aus der Ukraine flüchten und arbeitet seit 2017 als Kolumnist bei Rossija Sewodnja. Er führt eine Telegram-Kolumne zu aktuellen politischen Themen.
Mehr zum Thema – Warum ist der Alaska-Gipfel so eilig? Russische Militärexperten warnen vor Minsk 3