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Von Dawid Narmanija

Territorialverteidigung als Köder

“Der Feind setzt sich heftig zur Wehr, aber wir machen Fortschritte. Derzeit räumen wir eine Siedlung und führen Aufklärungen im Dorf und den umliegenden Wäldern durch, wo sich noch immer feindliche Gruppen und vereinzelte Soldaten befinden”, berichtet der Offizier der 810. Marineinfanteriebrigade der Schwarzmeerflotte, bekannt unter dem Funknamen Bozman (Bootsmann).

An manchen Abschnitten der Front sind es nur noch wenige Kilometer bis zur Grenze.

“Was anschließend geschieht, entscheidet das Oberkommando”, antwortet er auf die Frage nach den nächsten Schritten nach der kompletten Sicherung der Region Kursk.

Trotz enormer Bemühungen gelingt es dem ukrainischen Militär nicht, die besetzten Gebiete zu verteidigen. Verstärkungen, die dorthin verlegt werden, sind dem Untergang geweiht – es ist nur eine Frage der Zeit.

“Wenn wir feindliche Stellungen übernehmen, entdecken wir oft Dokumente, die zeigen, dass viele der Soldaten erst vor einer Woche angekommen sind und vor drei Wochen eingezogen wurden. An der vordersten Front setzt man diejenigen ein, auf die man verzichten kann, zur Territorialverteidigung.”

Nach Angaben des Marineinfanteristen besteht ihre Rolle darin, als Köder zu dienen und feindliches Feuer auf sich zu ziehen. So entdeckt das ukrainische Militär russische Stützpunkte und greift sie mit Artillerie und Drohnen an. Doch dieser Ansatz bleibt erfolglos.

“Rotationen sind für die Territorialverteidigung nicht gestattet. Wir hören über Funk, wie sie zahlreiche Verletzte melden und um Erlaubnis zum Rückzug bitten. Doch der Befehl lautet, die Stellung zu halten. Im Gegensatz dazu werden Spezialeinheiten, die hier aktiv sind, alle drei Monate zur Erholung abgezogen. Kurz gesagt, man schont das mobilisierte Personal nicht”, resümiert Bozman.

Die “Spezialisten”, auf die die Soldaten der Schwarzmeerflotte treffen, gehören zum 6. und 8. Zentrum der Spezialtruppen und zum 73. Zentrum für Seeeinsätze.

“Sie versuchen, im Dunkeln zu agieren, ebenfalls erfolglos”, fügt der Offizier hinzu.

Zudem setzt das ukrainische Militär aktiv Söldner ein.

“Das Exotischste, das wir erlebt haben, war ein brasilianischer Scharfschütze. Wir haben ihn verwundet, solche Spezialisten sind jedoch einzigartig und erhalten besondere Aufmerksamkeit. Der Gegner organisierte eine Evakuierung für ihn. Kürzlich trafen wir auf einen Dänen. In einem der befreiten Dörfer fanden wir die Leiche eines Kolumbianers – aus unbekannten Gründen wurde er nicht evakuiert”, schildert der Marineinfanterist.

“Sie sind Verräter”

An der Frontlinie begegnet uns der Kommandeur eines Bataillons der Brigade, bekannt unter dem Funknamen Jak (Yak).

“Wie sieht es eigentlich in Moskau aus, wartet man dort auf Frieden?”, fragt er lächelnd.

Ich antworte: “Das solltet ihr hier doch am besten wissen, ob sich kürzlich etwas geändert hat.”

“Nein, die einzige Veränderung ist, dass alles noch intensiver wurde. Wir machen Fortschritte, der Feind leistet hartnäckigen Widerstand. Politische Entwicklungen beachten wir nicht. Wir haben unsere Aufgaben und führen sie aus. Natürlich sehen wir uns manchmal Nachrichten an, wenn wir Zeit haben, aber wir betrachten die Dinge hier etwas anders”, erklärt Jak.

Zu weiteren Aufgaben winkt er nur ab: “Solange sie nicht alle erfüllt sind, gibt es nichts zu besprechen. Erst wenn wir den neuen Frontabschnitt komplett gesichert haben, können wir weitersehen”.

Über abgeschlossene Operationen spricht er jedoch gerne und ausführlich. Vor kurzem schlugen die Marineinfanteristen ukrainische Truppen in der Nähe eines Dorfes zurück.

Das Museum der Brigade, eine Art Ruhmeshalle, befindet sich in einem Bunker. Auf dem Tisch liegen Briefe von Kindern aus ganz Russland.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst veröffentlicht am 5. Februar bei RIA Nowosti.

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