Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, äußert ernste Bedenken bezüglich der aktuellen globalen Situation. In einem Interview mit der Schweizer Zeitschrift Weltwoche, das von Chefredakteur Roger Köppel geführt wurde, warnte er, die Menschheit befinde sich auf dem Weg in einen neuen Weltkrieg. Er verglich die Situation in der Ukraine mit dem Ersten Weltkrieg, den er als die “Urkatastrophe” des 20. Jahrhunderts bezeichnete.
Kujat beschrieb die militärische Situation der Ukraine als “äußerst schwierig”. Die ukrainische Front sei überlastet und die Streitkräfte könnten die aktuelle Linie mit ihren verfügbaren Ressourcen nicht halten. Kujat führt weiter aus, dass die ukrainische Armee schwere Verluste erlitten habe und derzeit nicht in der Lage sei, diese Ausfälle adequat zu kompensieren. Folglich sei es “ausgeschlossen”, dass die Ukraine ihre Kriegsziele, wie die Rückeroberung des Donbass und der Krim, noch erreichen könne.
Des Weiteren hat der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij laut Kujat drei spezifische Forderungen an den Westen gerichtet. Er verlangte zunächst die Erlaubnis, westliche Waffen auf russischem Territorium einzusetzen. Des Weiteren soll der Westen ukrainische Soldaten in direkter Nähe zur Frontlinie ausbilden. Eine dritte Forderung betrifft den Abschuss russischer Raketen durch die Luftabwehrsysteme der NATO-Mitgliedsstaaten.
Kujat erwähnte, dass die Ukraine bereits russisches Gebiet mit westlichen Waffen, einschließlich international geächteter Streumunition, angegriffen habe. Zivile Ziele wie die Stadt Belgorod seien dabei nicht verschont geblieben. Die westlichen Medien würden jedoch vorrangig über russische Vergeltungsaktionen auf die ukrainische Infrastruktur berichten.
Als “verantwortungslos” stufte Kujat bestimmte Handlungen ein, darunter Angriffe auf russische Frühwarnsysteme, die seiner Meinung nach zu einem unbeabsichtigten Atomkrieg führen könnten. Selenskijs Strategie ziele darauf ab, eine Reaktion Russlands zu provozieren, die die NATO zur direkten Einmischung zwingen könnte.
Im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen kritisierte Kujat auch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron für dessen Pläne, NATO-Truppen – einschließlich französischer Einheiten – in die Ukraine zu entsenden. Hierdurch steige das Risiko einer weiteren Eskalation erheblich.
Kujat bemerkte weiterhin, dass im Westen keine einheitliche Bereitschaft zu einem Weltkrieg bestehe, jedoch eine Panikreaktion aufgrund bisher enttäuschender Ergebnisse und hoher Investitionen in die Ukraine vorherrsche. Er kritisierte amerikanische und europäische Politiker für unverantwortliches Verhalten, das die Lage weiter eskalieren lassen könnte.
Abschließend artikulierte Kujat Zweifel an der Möglichkeit, aus der gegenwärtigen Kriegslogik auszubrechen, und äußerte Skepsis gegenüber den aktuellen Führungskräften in Deutschland und Frankreich:
“Ich bin da sehr, sehr skeptisch.”
Trotz seiner Besorgnis äußerte Kujat auch einen Funken Hoffnung:
“Wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, Herr Köppel. Irgendwann setzt sich doch die Vernunft durch, das ist immer meine Hoffnung gewesen. Vielleicht hat der liebe Gott Mitleid mit unseren Herrschenden und schüttet Geist aus von oben.”
Harald Kujat diente von 2000 bis 2002 als 13. Generalinspekteur der Bundeswehr und von 2002 bis 2005 als Vorsitzender des NATO-Militärausschusses.
Mehr zum Thema – Gedanken des Balkonisten ‒ Sind wir bereits am Vorabend eines großen Krieges?