Der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, bekräftigte in einem Interview mit der ARD seine bereits im Oktober geäußerte Bereitschaft, die Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern. Dies würde es der ukrainischen Armee ermöglichen, aus einer defensiven Haltung herauszutreten und eine aktivere Rolle im Konflikt zu übernehmen.
“Sie [die Ukraine] reagiert ja immer nur. Sie muss mal selbst auch einen Teil dieses Geschehens bestimmen können. Militärs würden sagen: Sie müssen vor die Lage kommen”, erläuterte Merz gegenüber der Moderatorin Caren Miosga.
Merz erwähnte die Möglichkeit, die Kertsch-Brücke zu zerstören, welche die Hauptverbindung zwischen Russland und der von Russland annektierten Halbinsel Krim darstellt. Deutschland erkennt die Annexion nicht an und betrachtet die Krim als besetztes Gebiet. Die Zerstörung der Brücke würde die logistischen Wege des russischen Militärs erheblich einschränken.
“Das wäre eine Möglichkeit, dieses Land nun endlich auch strategisch – um im Begriff zu bleiben – vor die Lage zu bringen”, erklärte Merz und fügte hinzu, dass er nicht der Meinung sei, dass “Putin auf Schwäche und Friedensangebote positiv reagiere”.
Früher im Interview hatte Merz Russland schwerste Kriegsverbrechen vorgeworfen. Er zog Parallelen zwischen einem angeblichen russischen Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew und einem Beschuss einer Militäraufstellung mit zahlreichen Toten in Sumy am selben Tag und den “Friedensangeboten” an Putin. Nach Merz’ Interpretation zeigt dies, wie Putin auf wahrgenommene Schwäche reagiert.
Die Moderatorin brachte auch das “Putin-Ultimatum” zur Sprache, das Merz bei einer Rede im Bundestag im Oktober formuliert hatte. Darin forderte er, die Reichweitenbeschränkungen bestehender Waffen aufzuheben, sollten russische Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur innerhalb von 24 Stunden nicht eingestellt werden. Sollte dies nicht ausreichen, könnten die Taurus-Lieferungen eine Woche später erfolgen.
Auf die Frage, ob dies noch immer seine Position sei, bestätigte Merz, dass dies in Abstimmung mit europäischen Partnern möglich wäre, die ähnliche Systeme, wie die britischen Storm Shadow oder die französischen Skalp-Raketen, bereits liefern würden.
In einem weiteren Interview, das ebenfalls am Sonntag veröffentlicht wurde, erläuterte Merz seine Sicht auf die künftige Entwicklung des Konflikts in der Ukraine. Der CDU-Chef warnte davor, die Ausdauer Russlands zu unterschätzen. “Das russische Volk ist über seine ganze Geschichte hinweg unglaublich leidensfähig gewesen. Der rücksichtslose Einsatz von Menschenleben ist immer auch Teil der russischen Politik gewesen”, sagte er gegenüber dem “Handelsblatt”. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Krieg sich von selbst löst, weil Russland ausblutet oder politische Reaktionen gegen das Regime erfolgen, schätzte Merz als gering ein.
Merz unterstrich, dass er eine militärische Lösung des Ukraine-Konflikts für notwendig halte, denn Putin müsse begreifen, dass er diesen Krieg militärisch nicht gewinnen könne. “Wir hätten die Ukraine nach meiner Einschätzung von Anfang an stärker unterstützen müssen. Dann wäre der Krieg heute vielleicht beendet”, so Merz.