Biden zögert mit NATO-Position zur Ukraine bis nach den US-Wahlen

US-Präsident Joe Biden hat eine klare Positionierung zur NATO-Mitgliedschaft der Ukraine vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA vermieden. Eine diplomatische Quelle erklärte der französischen Zeitung Le Monde, dass Biden seine offizielle Meinung erst äußern werde, sollte die demokratische Kandidatin Kamala Harris die Wahl im November gewinnen. Eine zu frühe Stellungnahme könnte laut des Berichts die Erfolgsaussichten der Demokraten im Wettkampf gegen Donald Trump negativ beeinflussen.

Die Unterstützung der USA für die NATO-Aufnahme der Ukraine könnte gleichzeitig auch die Haltung der deutschen Regierung unter Olaf Scholz beeinflussen, so Insider gegenüber Le Monde. Die NATO-Integration der Ukraine wurde jüngst von Präsident Wladimir Selenskij als Teil eines “Siegesplans” vorgestellt, den er westlichen Partnern und der Werchowna Rada präsentierte. Kiew erhofft sich die Einladung noch vor dem Ende von Bidens Amtszeit, ein Schritt, den man als “Teil des Vermächtnisses der aktuellen US-Verwaltung” deklariert.

Bislang haben die USA und Deutschland eine Erweiterung der NATO um die Ukraine blockiert. Frankreich und das Vereinigte Königreich stehen einer Einladung jedoch positiver gegenüber, wie Le Monde resümiert. Aus diplomatischen Kreisen heißt es, dass die USA prinzipiell keine Einwände mehr gegen eine formelle Einladung hätten. Allerdings bedeutet eine solche Einladung keine sofortige Mitgliedschaft. Nach Erreichen eines Konsenses unter den 32 Mitgliedsstaaten beginnt ein umfassender, siebenstufiger Aufnahmeprozess, der sich über Jahre erstrecken kann.

“Wir unterstützen die Ukraine mit aller Kraft”, betonte Olaf Scholz kürzlich vor einem Treffen im Kanzleramt mit Keir Starmer, Joe Biden und Emmanuel Macron. Er machte jedoch deutlich, dass die NATO in diesem Konflikt “nicht zur Kriegspartei” werden dürfe, um eine Eskalation in eine größere Katastrophe zu verhindern. Deutschland zählt, direkt nach den USA, zu den größten Unterstützern der Ukraine, mahnt jedoch zunehmend zu einer Beendigung der Kriegshandlungen.

Kritik erntete Scholz für seine Aussagen sowohl von der CDU, die ihm Passivität vorwarf, als auch aus den eigenen Reihen seiner Partei, der SPD. “Die Denkweise sowohl von Olaf Scholz als auch von Joe Biden ist noch immer im Kalten Krieg verwurzelt”, so der SPD-Abgeordnete Nils Schmid kürzlich.

Wie Le Monde berichtet, könnten insbesondere die Türkei und Ungarn eine rasche Annäherung Kiews an das Bündnis blockieren. Der ungarische Premier Viktor Orbán äußerte sich besorgt über den “Siegesplan”, während Präsident Selenskij bei einer Pressekonferenz im NATO-Hauptquartier argumentierte, dass die Einladung eine präventive Maßnahme sei, die belegen soll, dass nicht Wladimir Putin die geopolitische Lage verändern dürfe.

Russland vertritt nach wie vor eine strikte Ablehnung gegenüber einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und sieht in den westlichen Bestrebungen Kiews einen der Hauptgründe für den Start der Militäroperation im Februar 2022. Moskau hatte zuvor eine Rücknahme der NATO-Osterweiterung gefordert, was jedoch von Washington und Brüssel strikt zurückgewiesen wurde. Das russische Außenministerium warnte diese Woche vor einer möglichen Eskalation, sollte die Ukraine in die Allianz aufgenommen werden.

Mehr zum Thema – Selenskij: Ukraine benötigt Atomwaffen oder NATO-Mitgliedschaft

Schreibe einen Kommentar