Von Anna Schafran
Je schlechter die Dinge beim Westen und seinen Marionetten in der Ukraine laufen, desto bedrohlicher wird die Rhetorik der westeuropäischen Politiker. Erst preschte der Möchtegern-Napoleon Emmanuel Macron mit seinen Drohungen vor, NATO-Truppen in die Ukraine zu schicken (wobei sie sich ohnehin dort befinden, wie wir wissen), und nun diskutiert die deutsche Bundeswehr allen Ernstes einen Anschlag auf die Krim-Brücke.
Im Übrigen wäre es interessant, zu wissen: Erinnert man sich in Deutschland daran, dass unsere Bauarbeiter die erste Krim-Brücke im Jahr 1944 aus erbeuteten deutschen Materialien errichtet hatten? Damals hatte der Übergang wegen des hastigen Bautempos nur für eine kurze Zeit funktioniert, aber dennoch seine Hauptfunktion erfüllt – nämlich, die Versorgung der vorrückenden sowjetischen Truppen zu gewährleisten und die Sicherheit der sowjetischen Delegation bei ihrer Fahrt zur Jalta-Konferenz zu erhöhen.
Offensichtlich sind die unter anderem in Jalta formulierten Prinzipien der Nachkriegsweltordnung inzwischen vom Westen gänzlich vergessen. Es sei daran erinnert, dass ausgerechnet die NATO den ersten Krieg in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg entfachte, als sie im Jahr 1999 Jugoslawien angriff. Und die erste gewaltsame Grenzänderung geschah ebenfalls auf die Initiative der NATO, als Serbiens historisches Gebiet Kosovo abgetrennt wurde, wo sich heute Europas größter US-Militärstützpunkt befindet.
Wenn ein Land ein Gebiet von einem anderen trennt und dort seinen Militärstützpunkt baut, heißt das in jedem Fall Besatzung, selbst wenn es im Kosovo eine eigene albanische Administration und sogar irgendwelche Wahlen gibt.
Die erste gewaltlose Änderung der Nachkriegsgrenzen war Deutschlands Wiedervereinigung gewesen. Damals war im Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland klar festgeschrieben worden, dass ausländische Truppen sowie Nuklearwaffen und ihre Träger nicht auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stationiert werden.
Formal wird dieser Vertrag scheinbar immer noch erfüllt – alle US-Militärstützpunkte befinden sich in Westdeutschland. In Wirklichkeit wird er, wie auch im Fall der NATO-Truppen in der Ukraine, gar nicht erfüllt. Es hat freilich auch wenig Sinn, ihn zu erfüllen, wenn schon Polen und die baltischen Länder NATO-Mitglieder sind und niemandem versprochen hatten, keine US-Truppen auf ihrem Gebiet zu stationieren.
Wenn Dmitri Medwedew schreibt, dass sich Deutschland auf einen Krieg mit Russland vorbereitet, trägt er damit nicht zu dick auf. Sie haben tatsächlich vergessen, dass keine einzige ihrer Aggressionen erfolglos war und dass diesmal wegen der Nuklearwaffen alles ganz anders sein könnte.
Ein weiteres interessantes Detail: Solange eine bewaffnete Konfrontation zwischen Russland und NATO rein hypothetisch gewesen war, waren osteuropäische Zwergstaaten sehr gern mit Drohungen gegenüber Russland aufgetreten. Als es aber wirklich ernst wurde, hüllten sie sich plötzlich in Schweigen und begannen, die Möglichkeit einer Entsendung von Truppen in die Ukraine eifrig zu verneinen – mit Ausnahme von ganz Beschränkten wie der Estin Kaja Kallas.
Denn alle halbwegs vernünftigen Menschen verstehen, gegen wen sich der erste taktische Atomschlag im Fall eines militärischen Konflikts richten würde und über welches Territorium die Bodentruppen vorrücken würden. Die noch Klügeren verstehen sehr gut, dass auch die NATO-Truppen nicht zimperlich wären und ohne besondere Sentimentalität beliebige osteuropäische Städte zerbomben würden, wenn sie es für militärisch zweckmäßig hielten.
Noch hat die Lage keinen Point of no Return erreicht. Deutsche und französische Bürger haben immer noch die Möglichkeit, ihre Regierung zu wechseln und sich aus der selbstmörderischen Konfrontation mit Russland herauszuhalten. Was uns angeht, drohen wir bekannterweise niemandem und werden keinen Krieg entfachen, allerdings auch keine fremde Aggression unbeantwortet lassen.
Übersetzt aus dem Russischen.
Anna Schafran ist eine russische Fernseh- und Radiomoderatorin.
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