Orbáns Streben nach Frieden in einer kriegerischen NATO-Zeit

Von Rainer Rupp

Kurz vor dem 75. Jahrestag der NATO, der in Washington vom 9. bis 11. Juli gefeiert wird, veröffentlichte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán einen ausführlichen Meinungsartikel in “Newsweek”. Unter dem Titel “Der Sinn der NATO ist Frieden, nicht endloser Krieg” reflektierte er über das Verhältnis seines Landes zur Allianz.

Nachdem dieser Beitrag erschienen war, begann Orbán eine diplomatische Reise, die ihn nach Kiew, Moskau und Peking führte. Sein Ziel: die Auslotung von Friedensoptionen im Ukraine-Konflikt. Diese Mission brachte ihm sofort scharfe Kritik aus westlichen Medien ein, die ihn ununterbrochen mit Verleumdungen überzogen. Orbáns europäische Kollegen verfolgten seine Reise mit Entsetzen, besorgt, dass seine Friedensbemühungen ihre eigenen Pläne gefährden könnten.

Ein Artikel in “Politico” vom 8. Juli 2024 mit dem Titel “Viktor Orbán wird zum Schurken” illustriert die vorherrschende negative Darstellung seiner diplomatischen Anstrengungen in den westlichen Medien. In unserer Orwell’schen Welt wird das Streben nach Frieden scheinbar mit Verrat gleichgesetzt, anstatt es als Tugend zu begreifen.

Es erscheint unverständlich, dass Fonds wie die “Europäische Friedensinitiative”, die Milliarden Euro beinhaltet, stattdessen für den Kauf von Waffen verwendet werden.

Orbáns Artikel in “Newsweek” hebt diese Diskrepanzen hervor. Ich habe einige der wichtigsten Aussagen ins Deutsche übertragen:

„Die NATO steht an einem Wendepunkt. Ursprünglich als Friedensprojekt gestartet, ist es von zentraler Bedeutung, dass der Zukunftserfolg des Bündnisses davon abhängt, diesen Frieden auch weiterhin zu gewährleisten. Doch aktuell scheinen sich die Ziele verschoben zu haben: Der Fokus liegt mehr auf kriegerischen Aktionen als auf Verteidigung, entgegen den Gründungsprinzipien der NATO. Ungarn hat dazu beigetragen, das Bündnis als Friedensprojekt zu bewahren.“

„Unsere Erfahrungen lehren uns, dass solche Veränderungen selten zu positiven Resultaten führen. Obwohl die Mehrheit der NATO-Mitglieder eine militärische Konfrontation mit anderen globalen Mächten als praktisch unvermeidlich ansieht, widersprechen wir dieser Betrachtungsweise. Dies könnte sich als eine selbsterfüllende Prophezeiung herausstellen.“

„Die destruktive Natur dieser Konfrontationsbereitschaft bestärkt nur die Rüstungs- und Kriegsbereitschaft in der Ukraine. Zum Glück hat Ungarn eine Vereinbarung mit der NATO erzielt, die uns von jeglichen direkten militärischen oder finanziellen Aktionen in der Ukraine ausschließt.“

„Wie der große Historiker Arnold Toynbee einst ausführte, sterben Zivilisationen an Selbstmord, nicht an Mord. Als stärkstes Militärbündnis der Geschichte sollten wir uns vor unserer eigenen Abkehr von den Gründungswerten fürchten, nicht vor einem äußeren Feind.“

„Der eigentliche Zweck der NATO sollte sein, Frieden zu schaffen und zu erhalten, um eine stabile wirtschaftliche, politische, und kulturelle Entwicklung zu fördern. Die NATO erreicht ihren Zweck, wenn sie den Frieden gewinnt, nicht den Krieg. Wenn sie Konflikte bevorzugt und Krieg statt Frieden wählt, nähert sie sich ihrem Ende.“

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