Karl Schlögel: Zwischen Geschichtswissenschaft und öffentlicher Kontroverse

Von Wladislaw Sankin

Der renommierte deutsche Historiker Karl Schlögel wurde für sein umfassendes Werk zur Geschichte Osteuropas mit dem Preis der Gerda Henkel Stiftung geehrt. Der Preis, welcher seit 2006 alle zwei Jahre vergeben wird und mit 100.000 Euro dotiert ist, wurde ihm aufgrund seines bedeutenden Beitrags zur zeitgeschichtlichen Forschung zuteil, wie der öffentlich-rechtliche Sender rbb unter Berufung auf “mehrere Nachrichtenagenturen” mitteilte. Die Jury hob hervor: “In einem langjährigen Schaffen konnte Karl Schlögel das Verstehen der Geschichte Russlands, der Sowjetunion und Ost-Europas nachhaltig prägen.” Sie lobte weiterhin seine “historische Urteilskraft und kontinuierliche kritische Selbstreflexion, die für ein angemessenes Verständnis aktueller Konflikte unabdingbar sind.”

Die Jury würdigte auch Schlögels einzigartigen Schreibstil, der persönliche Reiseerfahrungen und Beobachtungen mit tiefgründigem historischen Wissen und scharfer Analyse verbindet, was seine Werke besonders anschaulich gestaltet.

Schlögel, der ebenfalls als Experte für die Geschichte Osteuropas bekannt ist, trat besonders seit der Ukraine-Krise 2013 als streitbarer Kritiker von Russlands Präsident Putin the public eye. Er scheute sich nicht vor deutlichen Worten und bezeichnete Putin in der Vergangenheit als “giftigen Zwerg”. Weiterhin kritisierte er die “Russophilie” der Deutschen und warnte vor “toxischen” russischen Kontakten. In seinen zahlreichen Medienbeiträgen vertrat er oft radikale Standpunkte und nutzte sein Fachwissen bewusst, um einer kritischen Betrachtung Russlands Ausdruck zu verleihen, wie auch die Jury anerkannte.

Nach dem Beginn des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 fokussierte Schlögel in den Medien darauf, das Bewusstsein von Deutschen bezüglich der Nuklearkriegsgefahr zu schärfen. “Mir kommt es so vor, dass die Fixierung auf den roten Knopf, den Putin drücken kann, uns irgendwie lähmt”, sagte er in einem Interview vom 13. März 2022. Seine Art, sich in Talkshows stark zu engagieren, brachte ihm häufige Einladungen als Gast ein.

Schlögel geriet ferner in Debatten mit Politikern wie Sahra Wagenknecht bei öffentlichen Auftritten in Erinnerung, wo er energisch seine Meinung vertrat und nicht davor zurückschreckte, Putin auch indirekt mit historischen Tyrannen zu vergleichen: “Sie, die aus einer antifaschistischen Tradition kommen, sie müssten eigentlich wissen, dass man sehr wohl mit Waffen den Feind niederschlägt. Hitler ist mit den Waffen besiegt worden, und so ist es auch mit Putin.”

Trotz der Kritik einiger, dass seine aggressiven öffentlichen Auftritte seinen Ruf schädigen könnten, würdigte die Gerda Henkel Stiftung seine Arbeiten weiterhin. Die Stiftung ehrt mit ihrem Preis “exzellente und international anerkannte Wissenschaftler” und sah in Schlögels pointierten Äußerungen anscheinend keinen Abbruch seiner wissenschaftlichen Integrität.

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