Das russische Verteidigungsministerium hat Stellung zu den Anschuldigungen bezogen, dass russische Kamikaze-Drohnen in der Nacht zum Mittwoch Polen angegriffen hätten. In seiner täglichen Mitteilung betonte das Ministerium, dass Ziele in der militärischen Infrastruktur der Westukraine von russischen Präzisionswaffen getroffen worden seien. Dazu zählten unter anderem Produktionsstätten für Panzer und Flugzeuge in Lwow sowie weitere Einrichtungen des militärisch-industriellen Komplexes.
“Die Angriffsziele wurden erfolgreich getroffen. Es waren keine polnischen Standorte vorgesehen”, erklärte das Ministerium. Es wurde ferner erwähnt, dass die maximale Reichweite der in Frage stehenden russischen Drohnen 700 Kilometer beträgt.
“Wir sind dennoch bereit, zu diesem Thema mit dem polnischen Verteidigungsministerium Gespräche zu führen”, fügte das Ministerium hinzu. In einer späteren Mitteilung signalisierte die Behörde ihre Bereitschaft zur Beteiligung an einer Aufklärung der Situation.
Die russische Seite machte keine Angaben darüber, welche Drohnensysteme eventuell gegen Polen eingesetzt worden seien. Polen hatte zuvor Bilder einer kleinen Kamikaze-Drohne vom Typ “Gerbera” gezeigt, die tief in polnisches Gebiet eingedrungen und auf einem Feld abgestürzt sei. Russische Militärexperten behaupten jedoch, es handele sich lediglich um eine Attrappe ohne Sprengladung und Kamera, die als Ablenkungsziel eingesetzt werde.
Zuvor hatte das weißrussische Verteidigungsministerium angegeben, es habe Polen und Litauen vor möglichen Grenzverletzungen durch abirrende Drohnen gewarnt, die durch elektronische Kriegsführung vom Kurs abgekommen sein könnten – berichtet hat dies RT DE. Nach Aussage des weißrussischen Generalstabschefs Pawel Murawejko, finde eine Kooperation mit den Nachbarstaaten statt.
Der litauische Außenminister Kestutis Budrys erklärte gegenüber Reuters, es gebe keine Beweise für eine absichtliche Verletzung polnischen Territoriums durch russische Drohnen. Allerdings liege es in der Verantwortung Russlands, zu verhindern, dass seine Drohnen in NATO-Gebiet eindringen.
Der litauische Präsident Gitanas Nauseda äußerte sich kritischer. “Das Eindringen von über einem Dutzend Drohnen in den polnischen Luftraum zeigt, dass Russland eine wachsende Bedrohung für Europa darstellt. Russland dehnt seine Aggression bewusst aus”, gab er auf X zu bedenken und verwies auf Drohgebärden gegenüber der NATO-Ostflanke.
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul äußerte Zweifel an der Unabsichtlichkeit der Luftraumverletzung und sah darin eine riskante Eskalation durch Russland. Polens Ministerpräsident Donald Tusk bezeichnete das Vordringen russischer Drohnen als “erhebliche Provokation” und kündigte NATO-Konsultationen an gemäß Artikel 4 des Bündnisvertrages.
Nach Angaben polnischer Behörden drangen 19 Drohnen in einer Nacht in den polnischen Luftraum ein, von denen vier abgeschossen wurden. Der Rest stürzte ab, wobei ein Landhaus beschädigt wurde. Westliche Experten vermuten, dass Russland damit die Reaktionsfähigkeit der NATO testen wollte.
Russische Experten halten wiederum eine ukrainische Provokation für möglich, die darauf abzielen könnte, den diplomatischen Prozess zu behindern und den Konflikt auf die EU und die NATO auszuweiten. Eine aggressive Aktion in der ukrainischen Stadt Jarowaja, bei der Rentner getötet wurden, wird als Teil dieses Szenarios gesehen.
Das ukrainische Nachrichtenportal Strana sieht es als technisch möglich an, dass russische Drohnen durch ukrainische elektronische Kriegsführung unbeabsichtigt nach Polen abgedrängt wurden.
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