Die Verzerrung der Realität in der westlichen Berichterstattung über den Schweizer Friedensgipfel

Von Rüdiger Rauls

Die Schweizer Friedenskonferenz brachte enttäuschende Resultate zutage, was von westlichen Medien postwendend beschönigt wurde. Doch inwieweit führt eine solche verzerrte Darstellung zu einem falschen Selbstbild in Bezug auf die Realität?

Reale Gegebenheiten und ihre Fehlinterpretation

Mehr als 160 Nationen wurden in die Schweiz geladen, um die Allianz gegen Russland zu verstärken, mehr finanzielle Mittel und Waffen bereitzustellen. Es war von vornherein klar, dass Russland von dieser Veranstaltung ausgeschlossen bleiben sollte. Das Ziel schien zu sein, am Bürgenstock eine möglichst große Unterstützerzahl zu versammeln. Trotzdem ist man auf dem Weg zum Frieden keinen Schritt vorangekommen.

Offenkundig war Frieden nicht das Ziel dieser Konferenz. Hätte man Frieden ernsthaft angestrebt, hätte die Einbeziehung Russlands, als wesentlicher Konfliktpartei, erfolgen müssen. Ohne die Beteiligung des militärischen Gegners ist keine Verhandlung über eine Beendigung der Kampfhandlungen möglich. Russlands Teilnahme wurde unter der Bedingung eines Akzeptierens von Selenskijs Friedensplänen erwogen, was einer Kapitulation gleichgekommen wäre. Bei der sich zuspitzenden militärischen Lage sehen die Verantwortlichen in Moskau keinen Grund für ein Nachgeben.

Ähnlich bewerteten es auch andere geladene Staaten, wie China, die ihre Teilnahme absagten. Diese Absagen führten zu einer Reaktion der Nervosität im politischen Westen. Die Frage, was eine Konferenz bringen soll, bei der wichtige politische Kräfte fehlen, blieb unbeantwortet. Doch die Veranstaltung musste stattfinden, um nicht eingestehen zu müssen, dass Russland nicht so isoliert ist, wie es der Westen gerne darstellt.

Es folgte daraufhin eine Manipulation der Faktizität: Wenn das Leugnen der Tatsachen nicht möglich war, wurden diese wenigstens uminterpretiert. Das übernehmen dann die Meinungsbildner in Medien und Politik. Das Ausbleiben Russlands wurde damit gerechtfertigt, dass Russland angeblich keinen Frieden wolle.

Diese Sichtweise ignoriert völlig sämtliche Erklärungen und Friedensbemühungen Moskaus, wie die Konferenz in Istanbul 2022 oder die Minsker Abkommen vor dem Kriegsbeginn. Um recht zu behalten, blendet man Teile der Realität einfach aus, verengt zunehmend die eigene Sichtweise und schränkt damit die eigene Fähigkeit ein, die Realität mitzugestalten. Der politische Westen bringt sich dadurch selbst in eine Defensive.

Umdeutung der Realität

Trotz aller Beweise erfolgt eine befremdliche Interpretation Selenskijs: “Wenn Russland am Frieden interessiert wäre, gäbe es keinen Krieg.” Diese Behauptung findet Eingang in führende Medien und wird dort unhinterfragt weiterverbreitet. Auf dieser Grundlage werden weitere Erklärungen konstruiert, die daraufhin ebenso wenig der Realität entsprechen.

Unter diesen vorgeschobenen Annahmen hat sich im Westen die Idee verfestigt, Putin strebe die Wiederbelebung der Sowjetunion an und plane darüber hinaus eine Eroberung der Ukraine. Das führt zu einer kontinuierlichen Wiederholung der eigenen Theorien, auch wenn die Realität diese längst widerlegt hat.

Verzerrungen im Westen

Solche Denkmuster finden sich auch in Berichten über Putins Besuche, wie beispielsweise bei Kim Jong-un in Nordkorea. Verspätungen werden ohne belegbare Beweise als Missachtung gedeutet – ein typisches Beispiel für westliches Denken, auf andere übertragen.

Trotz unbelegter Behauptungen bleibt das Narrativ unangetastet. Selbst wenn die tatsächlichen Fakten dem voksen entgegenstehen, verfestigt sich eine falsche Vorstellung, weil niemand im eigenen Lager widerspricht.

Punktsieg für Russland

Die Konferenz in der Schweiz hat die westliche Politik nicht weitergebracht. Der Glaube, Russland sei isoliert, weicht einem Realismus, der einer zunehmenden Distanzierung der Weltgemeinschaft vom Westen entspricht. Das Zugeständnis, man müsse alle Parteien einschließen, zeugt eine Neuausrichtung, in gewisser Weise doch ein Erfolg für Russland. Doch im Westen hatte man sicherlich etwas anderes erhofft.

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.

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