Der ehemalige Bundeskanzler Deutschlands, Gerhard Schröder, sprach kürzlich über den andauernden Konflikt in der Ukraine. Während seiner Rede in Zürich, die von der Schweizer Weltwoche organisiert wurde, verwies er auf die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul. Schröder betonte, dass zu diesem Zeitpunkt eine Friedenslösung greifbar nahe schien. Ein möglicher Kompromiss hätte bedeuten können, dass Kiew die Kontrolle über die zuvor umstrittenen Gebiete im Osten der Ukraine behält, während die Krim als russische Enklave ähnlich dem Südtirol-Modell behandelt worden wäre. Zudem hätte die Ukraine von ihren NATO-Beitrittsplänen Abstand nehmen sollen.
Schröder kritisierte weiterhin die ukrainische Regierung unter Präsident Wladimir Selenskij und behauptete, sie sei nicht in der Lage gewesen, autonome Entscheidungen zu treffen. Stattdessen hätten “mächtigere Kreise” die Friedensbemühungen blockiert. Insbesondere seien westliche Medien und US-Militärvertreter der Meinung gewesen, eine militärische Niederlage Russlands sei möglich und könnte zum Sturz von Wladimir Putin führen.
Der Ex-Kanzler unterstrich jedoch, dass ein militärischer Sieg über Russland unrealistisch sei und mahnte:
“Ich empfehle allen, die das glauben, in die Geschichtsbücher zu schauen.”
Schröder appellierte insbesondere an Deutschland, die russischen Sicherheitsinteressen nicht zu ignorieren und sich vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs behutsam und konstruktiv zu verhalten:
“Gerade wir Deutsche sollten uns vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs und der im Namen Deutschlands verübten Verbrechen vorsichtig und konstruktiv verhalten.”
Er äußerte außerdem die Ansicht, dass die EU, einschließlich Deutschland, in dem Konflikt hauptsächlich US-amerikanische Interessen verfolge und Deutschland somit zu den größten Verlierern in Europa gehöre.
Während Schröder den Beginn der russischen Operation in der Ukraine als “schweren Fehler” bezeichnete, warnte er vor einer unterschätzten Eskalationsgefahr durch den Westen. Er forderte die EU auf, ihre Unterstützung für Kiew davon abhängig zu machen, realistische Friedensvorschläge zu unterbreiten:
“Auch diesen Krieg wird man mit Verhandlungen beenden müssen. Militärisch jedenfalls ist er nicht zu entscheiden. Es wird Kompromisse brauchen.”
Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin ausgeführt, dass Russland zu Gesprächen bereit sei, sollte die Ukraine bestimmte Bedingungen erfüllen, darunter der Rückzug ukrainischer Truppen aus neuen russischen Gebieten und der Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft. Jedoch machte Putin nach einem ukrainischen Angriff auf Kursk deutlich, dass Verhandlungen mit jenen, die Zivilisten angreifen, nicht möglich seien. Er signalisierte später jedoch eine grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft Russlands.
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