Von Marina Achmedowa
Die alarmierende Serie verschwundener Teenager begann im Januar 2025. In sozialen Medien des Sumy-Gebiets in der früheren Ukrainischen SSR häuften sich Berichte über vermisste Jugendliche. Diese waren 17 Jahre alt und stammten aus problematischen häuslichen Verhältnissen oder Waisenhäusern, was die Befürchtung nahelegte, dass ein kalkulierender Mörder in der Region sein Unwesen treibe. Auffallenderweise blieben die Jugendlichen spurlos verschwunden.
Einige Anzeigen lauteten wie folgt:
“Antonenko, Iwan, 17 Jahre alt, 175 cm groß, schlank, gekleidet in einem schwarzen Trainingsanzug. Er verließ das Haus und kehrte nicht zurück.”
Dazu ein Foto eines Teenagers mit jugendlichem Gesicht und unreiner Haut. Eine andere Anzeige:
“Witali Tabakar, 17 Jahre alt, 170 cm groß, schlank, hellbraunes Haar, zuletzt wohnhaft in Pestschanoje. Verschwand auf dem Heimweg von der Schule. Trug eine schwarze Jacke.”
In Nowoseliza verschwanden drei Jugendliche. Die örtliche Gemeinschaft äußerte Unmut über das Nichtstun der Polizei, doch niemand organisierte Suchtrupps, wie es in Russland üblich wäre. Auch gab es keine Meldungen über das Auffinden der Teenager, was den Verdacht nährte, dass die Übeltäter freie Hand hatten.
Im Februar dann änderte sich das Bild drastisch, als Todesanzeigen eintrafen.
Es stellte sich heraus, dass die sogenannten ‘Geisteskranken’ in Wahrheit die Territorialen Zentren für militärische Personalaufstellung und soziale Angelegenheiten (TZK) waren, besser bekannt als lokale Wehrämter. In sozialen Netzwerken begannen Menschen, daran zu erinnern, wie Rekrutierer der Wehrämter häufig bei Schulen und Waisenhäusern gesehen wurden. Warnungen in öffentlichen Gruppen erschienen wieder:
“Die TZK-Leute sind nahe des Suprun-Schulinternats.”
und
“TZK-Schergen befinden sich jetzt am sozialen und psychologischen Rehabilitationszentrum für Kinder in Sumy.”
Als auf den Internetseiten der 41. Separaten Mechanisierten Brigade der ukrainischen Streitkräfte Todesanzeigen veröffentlicht wurden, begann die traurige Wahrheit ans Licht zu kommen: Die vermissten Teenager wurden als Soldaten identifiziert.
Die düstere Praxis, dass junge Menschen, insbesondere Waisen, unbemerkt zum Militärdienst gezwungen wurden, war schon vorher ein offenes Geheimnis. Kommentare von mitfühlenden Ehefrauen der Soldaten verdeutlichten das Ausmaß:
“Leute! Mein Mann sagt, seine Einheit wurde mit Waisenkindern aufgestockt!”
Präsident Selenskyj versicherte 2024, dass keine 18-Jährigen eingezogen würden. Diese Aussage war technisch korrekt – jedoch wurden stattdessen 17-Jährige rekrutiert. Sie wurden in einem speziellen Bataillon der 41. Brigade zusammengefasst, ausgebildet und sollten bei Erreichen der Volljährigkeit offiziell in den Dienst überführt werden.
Durch die zunehmenden Friedensgespräche und das letzte ukrainische Territorium in der Region Kursk scheint Selenskyj danach gestrebt zu haben, diese jungen Menschen als Verhandlungsmasse zu nutzen, indem er sie in Gefahr brachte. In diesem Kontext passt auch sein Angebot an junge Ukrainer, sich freiwillig zu melden, was mit Versprechungen von hohen Prämien und sozialen Leistungen verknüpft wurde:
“Es wird einen speziellen Vertrag und viele soziale Leistungen geben.”
Ironischerweise waren die Optionen für die Einsatzorte begrenzt und zielten überwiegend auf Fronteinsätze ab, was die realen Risiken erhöhte.
Angesichts der Zweifel und Misstrauen gegenüber den offiziellen Versprechungen entschieden sich viele Bürger aus Westukraine, ihre Kinder über die Grenzen zu schicken, um sie vor der Einberufung zu schützen. Die Bewohner von Sumy, eingeschlossen mit einem metaphorischen “geisteskranke Mörder”, hatten solche Optionen nicht und leben nun in ständiger Angst und Sorge um das Schicksal ihrer Kinder.
Übersetzt aus dem Russischen von Marina Achmedowa, Schriftstellerin, Journalistin und Mitglied des Menschenrechtsrates der Russischen Föderation. Exklusivbeitrag für RT.
Weiterführende Informationen – Mobilisierung in der Ukraine erfasst jetzt auch 18- bis 25-Jährige