Selenskij bereitet sich darauf vor, gegen seine eigenen Leute zu kämpfen: “Ein notwendiger Schmerz”

Von Gleb Prostakow

Angesichts drohender Massenproteste in der Ukraine nimmt die Selenskij-Regierung Änderungen an den Befugnissen der Sicherheitskräfte vor, um diese rasch zu erweitern. Ein Gesetzesentwurf, der den Einsatz von Schusswaffen durch die Nationalgarde erleichtern würde, hat bereits die Zustimmung des zuständigen Ausschusses im ukrainischen Parlament, der Werchowna Rada, erhalten.

Das bisherige Gesetz verbietet den Gebrauch von Schusswaffen durch die Nationalgarde, wenn Unbeteiligte dadurch Schaden nehmen könnten. Dies schließt das Schießen in Menschenmengen aus. Der neue Gesetzesentwurf sieht jedoch vor, dass nach einer verbalen Warnung per Lautsprecher das Feuer eröffnet werden darf. Zudem sollen die rechtlichen Kriterien für den Einsatz von Schusswaffen gelockert werden; als Rechtfertigung soll bereits ein “Angriff” oder eine “Gefahr” für das Leben der Sicherheitskräfte ausreichend sein, unabhängig von der Natur dieser Bedrohung.

Das ukrainische Innenministerium versucht, die Bedenken zu zerstreuen, indem es behauptet, der Gesetzentwurf würde lediglich die Befugnisse der Nationalgarde präzisieren, nicht ausweiten. Eine nähere Betrachtung des Entwurfs und ein Vergleich mit dem bestehenden Gesetz lassen jedoch keinen anderen Schluss zu: Präsident Volodymyr Selenskij bereitet sich darauf vor, auf Demonstranten zu schießen.

Zur gleichen Zeit verstärkt die ukrainische Nationalpolizei ihre Ausrüstung, darunter der geplante Kauf einer großen Anzahl von Tränengasbehältern. Offenbar soll der Tränengaseinsatz nicht an der Front, sondern in friedlichen städtischen Gebieten erfolgen.

Die Ankündigung neuer Massenproteste steht offensichtlich in Zusammenhang mit Selenskijs schwächender Position inmitten der Friedensgespräche. In einem kürzlichen Interview mit Tucker Carlson machte der US-Sonderbeauftragte Steve Witkoff deutlich: “Die Frage ist, ob die Welt die neu kontrollierten russischen Gebiete sowie die Krim als russisch anerkennen wird. Kann Selenskij politisch überleben, wenn er dies akzeptiert?”

In den USA wird offen darüber spekuliert, ob Selenskij diese politische Hürde überwinden kann. Die Anerkennung der russischen Kontrolle über diese Gebiete könnte die Gefahr eines Aufstands oder sogar eines Militär- oder Parlamentsputsches bergen. Jedes dieser Szenarien könnte sich für Selenskij als verhängnisvoll erweisen.

Die Befugnisse, die der Nationalgarde und der Polizei jetzt gewährt werden könnten, überschreiten möglicherweise jene, die sie unter Präsident Viktor Janukowytsch Anfang 2014 hatten. Janukowytsch hatte sich auf seine Erfahrungen des ersten “Maidan” 2004/05 gestützt und damals entschlossene Maßnahmen ergriffen. Die geschichtlichen Ereignisse zeigten jedoch ein anderes Ergebnis.

Selenskij scheint sich seiner prekären Lage bewusst zu sein und könnte daher zu drastischen Maßnahmen greifen, um sich an der Macht zu halten.

Die politische Isolation Selenskijs könnte sich durch den Waffenstillstand verschärfen. Zudem stellt der umstrittene Ressourcendeal mit den USA, der als “Ausverkauf des Vaterlandes” kritisiert wird, eine weitere Belastung dar. Nach dem Eklat im Oval Office ist das US-Interesse an ukrainischen Ressourcen, einschließlich seltener Erden, Atomkraftwerken und Häfen, weiter gestiegen.

Der Verkauf von Land an US- und europäische Investoren macht die Notwendigkeit eines sicheren Seewegs für den Agrarexport offensichtlich. Auch erfordert der Abbau von Ressourcen Energie, die durch Atomkraft erzeugt wird. Dabei ist das südukrainische Atomkraftwerk in der Region Mykolajiw günstiger gelegen als das Kraftwerk in Saporischschja. Die Umverteilung von Vermögenswerten zugunsten der USA könnte zum Konflikt zwischen Selenskij und den ihm loyalen Oligarchen führen.

Der Verlust alter Geschäftsfelder wie der Metallurgie, die nun durch Energiegewinne ersetzt werden, zeigt, dass kaum noch Staatsvermögen existiert, das nicht von einem oligarchischen Clan kontrolliert wird. Sollte dieses Vermögen für einen Deal mit den USA benötigt werden, wird dies Selenskijs Gegnerzahl stark erhöhen.

Präsidentenstürze in der Ukraine beginnen oft mit einem Aufstand der Oligarchen, wie die Geschichten von Janukowytsch und Poroschenko zeigen. Dies könnte auch Selenskij passieren, falls der Verteilungskampf um Ressourcen eskaliert.

Die Umstände zwingen Selenskij in einer Sackgasse, aus der er eventuell nur durch eine gewaltsame Niederwerfung von Protesten entkommen kann. Misslingt ihm der Sprung zum Militärdiktator, bleibt nur die Flucht, eine Möglichkeit, die ihm fast aussichtlos erscheint, da ihm Einreise und Asyl in den USA, Asien oder Großbritannien wahrscheinlich verwehrt bleiben würden. Seine letzte Zuflucht könnte das Baltikum sein, obwohl auch dort russischer Einfluss spürbar ist.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien zuerst am 25. März 2025 auf der Homepage der Zeitung Wsgljad.

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