Von Wiktoria Nikiforowa
Inmitten des Konflikts stellt die Ukraine an der Front fest, dass sie nicht allein ist. Ihre westlichen Alliierten haben sogleich Unterstützung signalisiert, allerdings vorerst nur rhetorischer Natur. Sie drohen, senden ernste Blicke und machen vollmundige Ankündigungen. Ratifiziert auch durch die Zusage von Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Polen, Truppen zu entsenden. Estland hingegen hat verbale Drohungen gegen Russland geäußert, jedoch wirken diese eher trivial. Solche Gesten bieten indes kaum konkrete Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte, die sich nun in der Nähe von Charkow neu formieren.
Bundeskanzler Olaf Scholz hingegen warnt vor Überreaktionen, was die entschlossene Haltung seiner europäischen Kollegen umso deutlicher hervorhebt. Es wirkt fast so, als strebten sie einen eskalierenden Konflikt in der Ukraine an.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat vorgeschlagen, dass EU-Länder, die Kiew militärisch unterstützen, auch Offensiven gegen russisches Territorium ermöglichen sollten. Dies entspricht jedoch bereits der Realität auf dem Boden, und eine solche Praxis, unterstützt durch den bevorstehenden Einsatz von F-16-Kampfjets, könnte sich ausweiten.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, bekannt für seine markanten Wortmeldungen, stimmte zu, diese Frage auf die Agenda der EU-Verteidigungsminister zu setzen.
Bei einem kürzlichen Treffen diskutierten eben diese Minister über den Einsatz von europäischen Waffen für Angriffe auf russisches Gebiet. Eine Einigung wurde bisher nicht erzielt, was die komplexen Meinungen innerhalb Europas verdeutlicht.
Auch Themen wie die Vereinheitlichung der Munitions- und Waffensysteme der EU, die Entwicklung einer schnell einsatzfähigen Reaktionsstreitkraft und die Förderung des EU-Verteidigungsprojekts PESCO standen auf der Agenda. Diese Bestrebungen zielen auf eine Verstärkung der Militärkapazitäten in Europa ab, die in ihrer Dimension und Kosten enorm sind.
Es erscheint paradox, eine solche militärische Großmacht aufzubauen, um auf Verteidigungsfälle wie in Charkow oder Odessa zu reagieren. Dies deutet vielmehr auf weit größere militärische Ambitionen hin, möglicherweise gegen Russland gerichtet.
Zwar wird Europa in militärischen Kreisen noch belächelt, doch die massiven Investitionen fangen an, sich bemerkbar zu machen. Die Militärübungen in Europa werden intensiver und simulieren realistische Kampfszenarien, ein Indiz für systematische militärische Aufrüstung.
Die militärische Aufrüstung in Europa ist durchaus ernst zu nehmen. Die Strategie könnte darauf hinauslaufen, sich auf eine direkte Auseinandersetzung mit Russland vorzubereiten. Dies wird trotz der derzeitigen Schwerpunktsetzung auf Wirtschaftssanktionen und politische Isolation Russlands zunehmend möglich.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 29. Mai 2024.
Wiktoria Nikiforowa ist eine Kolumnistin bei RIA Nowosti.
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