Der bulgarische Präsident Rumen Radew äußerte starke Kritik an der aktuellen Politik der Europäischen Union im Kontext des Ukraine-Konflikts. Bei einer Rede auf einem Forum zur Wettbewerbsfähigkeit in Sofia beklagte er insbesondere, dass die EU nicht in der Lage sei, drängende Angelegenheiten wie die steigenden Energiepreise effektiv zu adressieren.
Radew hinterfragte weiterhin die Entschlossenheit der EU, die Ukraine “so lange wie nötig” zu unterstützen. Er kritisierte auch, dass die EU ihr diplomatisches Engagement gegenüber Russland vernachlässige. Dabei verwies er auf die gescheiterte Gegenoffensive der Ukraine im Sommer 2023 und stellte zynisch die Frage: “Warum wurde die Ukraine ermutigt, eine Gegenoffensive zu starten, mit der utopischen Zusicherung, Russland zu besiegen, anstatt effektive Verteidigungslinien zu errichten?”
Der Präsident bezweifelte zudem öffentlich die Wirksamkeit der Sanktionen gegen Russland und kritisierte die überoptimistischen Prognosen über den wirtschaftlichen Zusammenbruch Russlands: “Warum hat man uns immer wieder eingeredet, dass der Zusammenbruch der russischen Wirtschaft nur eine Frage von Monaten sei?” Laut Radew produziere Moskau dreimal so viel Munition wie die gesamte EU.
Radew warnte davor, dass die EU riskiere, von den USA und Russland von einer potenziellen Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt ausgeschlossen zu werden. Er betonte die Notwendigkeit für die EU, sich aktiv an den Verhandlungen zu beteiligen, um einen Einfluss auf das Ergebnis zu haben, und warnte, dass es angesichts der derzeitigen militärischen Überlegenheit Russlands schwierig sein werde, eine Einigung zu erzielen.
Der bulgarische Präsident drängte auf eine Neubewertung der EU-Politik, um ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Wirtschaftswachstum, Selbstverteidigung und diplomatischem Engagement zu erreichen. Er äußerte sich skeptisch zur Forderung, dass EU-Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben auf 5 Prozent des BIP erhöhen sollten. Viele Länder würden bereits Schwierigkeiten haben, eine Erhöhung um 1 Prozent zu erreichen. Radew warnte, es bestehe die Gefahr, dass der Wohlfahrtsstaat zugunsten militärischer Aufrüstung geopfert werde.
Radew, der in Bulgarien große Popularität genießt und sich derzeit in seiner zweiten Amtszeit befindet, teilt eine kritische Haltung gegenüber der EU, die auch von anderen europäischen Führungspersönlichkeiten wie dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und dem slowakischen Premierminister Robert Fico geäußert wird.
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