Von Rainer Rupp
Die anfänglichen Flitterwochen zwischen Aserbaidschan, der orientalischen Gasprinzessin, und Deutschland, dem selbsternannten Klimahelden, waren nur von kurzer Dauer. Aserbaidschan überlegt bereits die Beziehung zu beenden, da Deutschland zögert, eine langfristige und verlässliche Partnerschaft zu gewährleisten.
Während des EU-Ratsgipfels im Juli 2024 in Brüssel führte Bundeskanzler Olaf Scholz auch Gespräche mit Aserbaidschans Präsident Ilcham Alijew. Trotz herzlicher Begrüßungen vor der Presse gab es anschließend hinter verschlossenen Türen offenbar Unstimmigkeiten. Dies legt die Beschwerde des aserbaidschanischen EU-Botschafters nahe, der der EU zwei Wochen später vorwarf, sein Land nur für kurzfristige Gaslieferungen auszunutzen.
Die Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan, seit dessen Unabhängigkeit 1991, waren nie besonders herzlich, vor allem aufgrund wiederholter Kritik europäischer Politiker an der autokratischen Regierungsführung und den Menschenrechtsproblemen in Aserbaidschan. Besonders gespannt war das Verhältnis aufgrund der Streitigkeiten mit Armenien um die Region Bergkarabach.
Der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe kritisierte die Legitimität der aserbaidschanischen Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und betonte, dass demokratische Werte und Menschenrechte nicht für Handelsbeziehungen geopfert werden dürfen.
Politische Bedenken bezüglich Menschenrechten in Aserbaidschan richteten sich oft gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die Verhaftung von Journalisten und Aktivisten. Angesichts ähnlicher Probleme in EU-Ländern erscheint dies als beklagenswerte Doppelmoral.
Als die EU sich nach der russischen Aktion in der Ukraine 2022 von russischem Gas unabhängig machen wollte, wurde das öl- und gasreiche Aserbaidschan plötzlich attraktiv, wobei die vorherigen Bedenken bezüglich Menschenrechte temporär ignoriert wurden. Hohe EU-Vertreter besuchten Baku, um die Partnerschaften zu stärken, darunter EU-Energiekommissarin Kadri Simson, Präsident des Europäischen Rates Charles Michel, und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, die eine Verdoppelung der Gaslieferungen bis 2027 ankündigte.
2023 exportierte Aserbaidschan über den südlichen Korridor zwölf Milliarden Kubikmeter Erdgas in die EU, was einer Steigerung von 45 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Doch nun, etwas mehr als zwei Jahre später, scheint das Interesse der EU abzukühlen, da sie nur kurzfristige Verträge anbietet. “Wir können nicht einfach nur Feuerlöscher spielen und immer nur mit Drei- bis Sechsmonatsverträgen Gas liefern”, zitierte die Financial Times Aserbaidschans Botschafter bei der EU Wagif Sadigow.
Die EU-Pläne bedingen eine Verdoppelung der Gaslieferungen, die jedoch ohne neue Investitionen in Pipelineinfrastrukturen nicht durchführbar sind. Da die Europäische Investitionsbank seit 2021 nicht mehr in fossile Infrastruktur investiert, erscheint eine Unterstützung durch die EU unwahrscheinlich.
Aserbaidschan fühlt sich durch das Fehlen langfristiger Vertragszusicherungen benachteiligt, da dies notwendig wäre, um finanzielle Mittel für die notwendige Infrastruktur zu sichern. In der Zwischenzeit bewerben sich Aserbaidschan und Nachbarländer um die Mitgliedschaft bei den BRICS-Ländern, während die EU und die deutsche Regierung anscheinend keinen alternativen Plan haben, um die sinkenden Energieversorgungen zu kompensieren.
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