Verzögerungen und Rückschritte im deutschen Bahnprojekt “Deutschlandtakt”

Im Jahr 2018 hat der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU den sogenannten Deutschlandtakt ins Leben gerufen, mit dem Ziel, eine bessere Taktung der Züge und eine erhöhte Zugfrequenz deutschlandweit zu etablieren.

“Gemeinsam wollen wir bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppeln und mehr Güter auf die Schiene holen. Und das bei gutem Service und hoher Qualität”, erklärte Scheuer zu diesem Vorhaben. Geplant war, größere Städte im Halbstundentakt zu verbinden, und das bis zum Jahr 2030.

Es hat sich jedoch bald herausgestellt, dass dieses ambitionierte Projekt vorerst nicht realisiert wird. Mittlerweile ist die Rede davon, dass es bis zu 70 Jahre dauern könnte, bis der Deutschlandtakt vollständig implementiert ist. Diese Entwicklung ist symptomatisch für Deutschland geworden.

Entgegen der ursprünglichen Absicht könnten die Züge zukünftig sogar langsamer fahren. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat vorgeschlagen, die Geschwindigkeit der ICE-Züge zu reduzieren, um die Pünktlichkeit zu verbessern. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte EVG-Chef Martin Burkert, dass eine Reduktion der Geschwindigkeit von 250 auf 200 Kilometer pro Stunde den Fahrplan stabilisieren könnte und dies besser für die Kunden sei als die von Friedrich Merz (CDU) vorgeschlagene Reduzierung der Zugfrequenz.

Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass Fahrpläne in Deutschland heutzutage eher geschätzt als genau berechnet werden. Allein im Jahr 2024 sei der Fahrplan über zwei Millionen Mal angepasst worden – ein Anzeichen für einen Kontrollverlust.

Burkert kritisiert die Regierungspolitik der verschiedenen Bundesregierungen als Ursache für die Bahnproblematik. Trotz erkennbar fehlender Investitionsbereitschaft, die laut Burkert bereits seit Langem vorherrscht, werde die Bahn weiterhin bis an ihre Grenzen genutzt. Eine geplante Kapitalerhöhung sei keine Lösung und werde lediglich die Preise in die Höhe treiben, argumentiert er weiter.

Die Bahn steht mit diesem Unterfinanzierungsproblem nicht alleine da. In vielen Bereichen, wie der Digitalisierung, dem sozialen Wohnungsbau und sogar im Gesundheitswesen, bleibt Deutschland hinter anderen Ländern zurück. Die deutsche Großstadtbürokratie kämpft damit, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Martin Burkert hofft zwar, dass nach einer Sanierungsphase die Züge wieder normal schnell fahren können, aber die Probleme der Bahn sind systemisch und tiefgreifend. Die Anzeichen eines Niedergangs sind unübersehbar.

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