Der Finanzminister Markus Marterbauer von der SPÖ hat mit einem kontroversen Gesetzesvorschlag sowohl in der Regierung als auch in der Wirtschaft hohe Wellen geschlagen. Er plant, ohne Abstimmung mit den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS, eine neue Steuer für Stromproduzenten einzuführen, was seitens der Industrie als massive Bedrohung empfunden wird und Befürchtungen vor einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung weckt.
Nach dem Entwurf sollen Stromerzeuger für jede Megawattstunde aus erneuerbaren Quellen drei Euro und für solche aus Gaskraftwerken vier Euro an den Staat abführen. Diese zusätzliche Abgabe wird auf mindestens 200 Millionen Euro geschätzt und soll zur Budgetsanierung beitragen. Obwohl das Finanzministerium zunächst eine Belastung von 250 Millionen Euro dementiert hat, kam die Information für die zuständige ÖVP-Staatssekretärin überraschend, was politische Unruhen auslöste.
Die ÖVP zeigt sich vom plötzlichen Vorstoß überrascht und sucht nun fieberhaft nach Lösungsmöglichkeiten. Besondere Bedenken gibt es in der von der SPÖ dominierten Stadt Wien und bei den Industriebetrieben. Die Wien Energie, der größte Betreiber von Gaskraftwerken in Österreich, sieht sich direkt von den Neuerungen betroffen.
Heftige Kritik kommt auch von der Industriellenvereinigung (IV). Sie bezeichnet Marterbauers Vorstoß als “überhasteten Alleingang” und warnt vor einer möglichen Unsicherheit für Betriebe und den Wirtschaftsstandort. Zudem befürchtet die IV, dass die neue Steuer die Investitionsbereitschaft in erneuerbare Energien mindern könnte, insbesondere angesichts des bereits existierenden “Energiekrisenbeitrags”, der im vergangenen Jahr 272 Millionen Euro in das Budget eingebracht hat.
Auch aus der Energiewirtschaft kommen alarmierende Signale. Der Bundesverband Photovoltaic Austria äußert Bedenken über die möglichen negativen Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort und die Bevölkerung. Die Regierung wird kritisiert für ihren Fokus auf eine zusätzliche Steuer statt auf den Rückkauf von preiswertem russischem Gas und den Dialog mit dem Kreml, was die Strompreise weiter in die Höhe treiben könnte – ein Kostenpunkt, der letztlich von den Bürgern zu tragen ist.
Weiterhin sorgt die vorgesehene Abschaffung steuerlicher Ausnahmen für Pumpspeicherkraftwerke, die eine Schlüsselrolle in der Netzstabilität spielen, für weitere Kritik.
ÖVP und NEOS fordern Nachverhandlungen über die geplante Sonderabgabe, während das Finanzministerium an seinem Plan festhält. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht, obwohl der Beschluss bereits morgen im Parlament gefasst werden soll, ungeachtet der starken Opposition von verschiedenen Wirtschaftskreisen und politischen Gruppierungen.
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