Deutschlands führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr erneut nach unten korrigiert. In ihrer jüngsten Herbstprognose prognostizieren sie eine Schrumpfung der Wirtschaft um 0,1 Prozent. Noch im Frühjahr rechneten sie mit einem geringfügigen Wachstum von 0,1 Prozent. Sollte sich diese Prognose bewahrheiten, befände sich Deutschland zum zweiten Mal in Folge in einer Rezession.
In der Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) findet sich eine bemerkenswerte Aussage zur wirtschaftlichen Lage:
“Im nächsten Jahr ist mit einer langsamen Erholung zu rechnen, jedoch wird das Wirtschaftswachstum auf absehbare Zeit nicht mehr an das Niveau vor der Corona-Pandemie anknüpfen können.”
Schon vor der Pandemie war das Wachstum der deutschen Wirtschaft rückläufig, selten erreichte es mehr als 2 Prozent, was als Schwelle für einen substantiellen Kapazitätsaufbau gilt. Die Jahre unmittelbar vor der Pandemie zeugen davon: 2019 verzeichnete die Wirtschaft nur ein Wachstum von 1,1 Prozent und 2018 von gerade einmal 1 Prozent. Solche Zahlen stehen im krassen Gegensatz zu den Zeiten des Wirtschaftswunders.
Nunmehr zeigt sich ein Abwärtstrend. Deindustrialisierung wird zur spürbaren Realität in Deutschland. Die Wirtschaft erreicht nach Krisen nicht mehr das Vorkrisenniveau, was der Konjunkturverlauf nach der Corona-Krise verdeutlicht. In Deutschland wird derzeit kaum investiert.
“Die anhaltende Investitionsschwäche im Verarbeitenden Gewerbe ist laut den Instituten symptomatisch für die Probleme der Branche.”
Investitionen werden nur getätigt, wenn Unternehmen eine Amortisation und Gewinnerzielung erwarten können. Dies scheint in Deutschland derzeit nicht der Fall zu sein. Sowohl der Staat als auch die Privatwirtschaft und die Konsumenten sind eher zurückhaltend. Politische Entscheidungen, die auf geopolitische Konfrontationen abzielen, verstärken diese Unsicherheit.
Dr. Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik am DIW, spricht von weiteren Belastungen für die Ökonomie: “Neben der konjunkturellen Schwäche belastet auch der strukturelle Wandel die deutsche Wirtschaft.” Spezifische Themen wie Sanktionen, der Handelskrieg oder die Auseinandersetzungen mit China behandelt sie dabei nicht direkt.
“Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und zunehmender Wettbewerb mit Unternehmen aus China haben strukturelle Anpassungsprozesse ausgelöst, die das Wachstum der deutschen Wirtschaft dämpfen.”
In der Tat hat Deutschland viele Entwicklungen verschlafen, und die politische Konfrontation mit einem der wichtigsten Handelspartner, China, verschärft die Lage nur noch. Hinzu kommt der Verzicht auf preiswerte russische Energie, der Deutschlands Abstieg als Wirtschaftsmacht weiter beschleunigt. Das DIW konstatiert:
“Die strukturellen Anpassungsprozesse dürften andauern und die konjunkturellen Bremsen sich nur langsam lösen.”
Anstelle eines selbsttragenden Aufschwungs erlebt Deutschland einen sich beschleunigenden Abschwung, ohne dass ernstzunehmende wirtschaftspolitische Gegenmaßnahmen in Sicht sind.
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