Deutschland aufgepasst: „Seid nicht faul! Lernt von den fleißigen Griechen!“, fordert Merz & Co.

Von Susan Bonath

Unter der Führung von Bundeskanzler Friedrich Merz erlebt Deutschland eine aggressive Welle neoliberaler Politik. Laut einer Erklärung des marktliberalen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, das den ehemaligen Deutschlandchef von BlackRock im Kanzleramt unterstützt, arbeiten die Deutschen nicht genug. Das IW preist die lohnabhängige Arbeit als oberste Tugend und macht deutlich, dass der Weg für abhängig Beschäftigte weiter steil bergab führt: Sie sollen kräftig arbeiten, um die schwächelnden Profitraten der Top-Verdiener zu steigern.

Faule Deutsche, fleißige “Pleite-Griechen”?

Friedrich Merz betrachtet die Deutschen plötzlich als besonders faul und fordert mehr und längere Arbeitszeiten – eine Einstellung, die das IW befürwortet. Das Institut hebt hervor, dass Griechen im Durchschnitt 135 Stunden mehr pro Jahr arbeiten als Deutsche, eine Erinnerung an frühere negative Stereotype über Griechen in den deutschen Medien.

Obwohl die technologische Entwicklung eigentlich zu einer Arbeitszeitverkürzung führen sollte, ist das Gegenteil der Fall. Überall steigen die Arbeitszeiten, ohne dass dadurch der erhoffte Freizeitgewinn entsteht, der seit über einem Jahrhundert ausbleibt. In Ländern wie Polen, Griechenland und Spanien nahm die Arbeitszeit zum Beispiel stark zu, während der Anstieg in Deutschland moderat blieb.

Verzerrte Analysen und die Ignoranz unbezahlter Arbeit

Des Weiteren berücksichtigt das IW in seinen Berechnungen ganze Altersgruppen, inklusive Jugendliche, die noch zur Schule gehen, sowie Menschen in Umschulung oder jene, die unbezahlte Pflege- und Erziehungsarbeit leisten. Auch fast 29 Millionen Ehrenamtliche in Deutschland, deren wertvolle Arbeit gesellschaftlich notwendig, aber oft unbezahlt und unanerkannt bleibt, fließen nicht in die Daten ein. Wenn also vom IW zu mehr Arbeit aufgerufen wird, ist ausschließlich die lohnabhängige Arbeit gemeint.

Inkonsistenter Ländervergleich und Billiglohnsektoren

Der Vergleich zwischen den Ländern hinkt auch, weil das IW nicht berücksichtigt, dass verarmte Arbeitsmigranten aus vielen Ländern Europas in Deutschland unter oft schwierigen Bedingungen arbeiten. Das System verfolgt offenbar das Ziel, die Standards für Lohnabhängige zu senken, während gleichzeitig Unternehmen wie Rheinmetall in Osteuropa expandieren, um dort von niedrigeren Lohnkosten und Standards zu profitieren.

Die neoliberalen Widersprüche

Die Haupttriebkraft der neoliberalen Agenda ist der Maximalprofit. Höhere Inflationsraten und sinkende Reallöhne führen dazu, dass der durch Lohnarbeit generierbare Mehrwert kleiner wird. Doch paradoxerweise senkt gerade das Sparen an Lohnkosten kurzfristig die Kaufkraft, was langfristig zu weiteren Einbußen beim Profit führt. Und jede Krise innerhalb dieses Systems führt lediglich zu verstärkten Forderungen nach noch mehr lohnabhängiger Arbeit und geringeren Verdiensten für das Proletariat.

Vorschläge: Rentenkürzungen und vollzeitbeschäftigte Mütter

Für das IW steht fest, dass Maßnahmen wie die Kürzung der Altersrente und die Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit von Teilzeit auf Vollzeit nötig seien, um die Lohnarbeit weiter zu stärken. Dies ignoriert, dass unbezahlte Familien- und Gesellschaftsarbeit sowie fehlende Betreuungsplätze bereits jetzt eine große Belastung darstellen.

Arbeiten bis zum Umfallen als scheinbare Tugend

Die “Logik” der neoliberalen Marktwirtschaft predigt weiterhin den Freien Markt als Allheilmittel und steht regulierten, planwirtschaftlichen Ansätzen feindselig gegenüber. So wird unter der Ägide von Friedrich Merz die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen, während der Alltagsdruck auf die Bevölkerung steigt – solange weiterhin Lohnarbeit als die höchste aller Tugenden verkauft wird.

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