Von Hans-Ueli Läppli
Würde Mozart heute leben, könnte er zweifellos eine dramatische Klavieretüde komponieren, die den Wirren der österreichischen Innenpolitik gerecht wird. Diese politische Bühne gleicht immer mehr einer Oper, in der Herbert Kickl, als ein brillanter, jedoch von Intrigen geplagter Komponist, die Szene betritt, während Christian Stocker von der ÖVP, der ehrgeizige und machthungrige Salieri, aus dem Hintergrund die Fäden zieht. Beide sind Protagonisten in einem Machtkampf, der sich zwischen Tragödie und Groteske bewegt.
Nach langwierigen und von dramatischen Wendungen sowie zahlreichen Konflikten geprägten Verhandlungen ist der Koalitionsgespräch zwischen FPÖ und ÖVP endgültig gescheitert. Herbert Kickl, der Vorsitzende der FPÖ, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen über den Abbruch informiert und die Verantwortung für die Regierungsbildung zurückgegeben. Trotz erheblicher Zugeständnisse in vielen Bereichen, bedauerte die FPÖ das Scheitern der Gespräche.
Ein Hauptstreitpunkt, der zum Scheitern der Verhandlungen führte, war die Verteilung der Ministerien, insbesondere das Innenministerium. Die ÖVP hatte vorgeschlagen, Migration und Asyl in ein separates, von der FPÖ geleitetes Ministerium zu überführen, was diese kategorisch ablehnte. Kickl betonte, die Kernkompetenzen seiner Partei im Bereich Sicherheit und Asyl müssten im Innenministerium verbleiben, und forderte daher diesen Schlüsselposten für sich. Trotz weitreichender Angebote der FPÖ einschließlich der Übertragung wichtiger Ressorts wie Außenpolitik, Wirtschaft und Verteidigung an die ÖVP kam es zu keiner Einigung.
Das Scheitern der Gespräche öffnet nun verschiedene Szenarien, einschließlich möglicher Neuwahlen. Laut einer aktuellen Umfrage liegt die FPÖ mit 34 Prozent deutlich vorne, während die ÖVP mit nur 19 Prozent weiter hinter der 20-Prozent-Marke zurückbleibt. Ein Wahlsieg der FPÖ könnte ihre rechtspopulistische Agenda weiter stärken, insbesondere ihre Forderungen nach einem Ende der Sanktionen gegen Russland.
Auch die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos hatten sich im Januar noch für eine neue Verhandlungsrunde zwischen den zentristischen Parteien eingesetzt, doch bleibt nach dem Abbruch der Gespräche zwischen FPÖ und ÖVP unklar, wie es politisch weitergeht.
Sollte keine Regierungskoalition zustande kommen, könnte Bundespräsident Van der Bellen eine Experten- oder Übergangsregierung bilden. Ähnlich wie in Mozarts “Don Giovanni” bleibt ungewiss, ob die politischen Protagonisten ihre Differenzen beilegen oder das Land in die Unsicherheit von Neuwahlen stürzen können. Das österreichische politische Drama gleicht einem Duell zwischen Mozart und Salieri, in dem Kickl die Rolle des talentierten, aber von Intrigen heimgesuchten Mozart übernimmt, während die ÖVP als der eifersüchtige Salieri agiert, der auf die Vormacht strebt. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.
Mehr zum Thema – Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP gescheitert