Von Susan Bonath
In Deutschland verschärft sich die Entwicklung hin zur Deindustrialisierung und einem drastischen Abbau des Sozialstaates. Eine wachsende Zahl von Arbeitnehmern sieht sich mit dem Risiko von Entlassungen konfrontiert, während das soziale Sicherheitsnetz immer löchriger wird. Dies betrifft längst nicht mehr nur die Automobilindustrie, sondern zieht sich quer durch Produktions- und Dienstleistungssektoren.
Arbeitsplatzverluste und Gehaltskürzungen
Die Schlagzeilen über Arbeitsplatzverluste reißen nicht ab: Kürzlich kündigte Thyssen-Krupp an, in den nächsten fünf Jahren 11.000 Stellen in Deutschland zu streichen, wovon viele ins Ausland verlagert werden sollen. Dies begründet der Konzern mit niedrigeren Energiekosten und Löhnen im Ausland. Die verbleibenden Mitarbeiter müssen zudem mit Gehaltskürzungen rechnen, trotz steigender Lebenshaltungskosten.
Ähnlich erging es den Mitarbeitern von Bosch, einem Hersteller von Elektrogeräten und Automobilzulieferer, der fast 4.000 Arbeitsplätze in Deutschland abbaut und Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich einführt. Die Prämisse “Armut trotz Arbeit” nimmt in Deutschland offenbar System an.
Nicht nur in der Stahl- und Automobilindustrie, sondern auch im Baugewerbe bröckeln die Aufträge, trotz wachsender Wohnungsnot. Die Politik trägt dazu bei, indem sie auf kostengünstige Energieimporte verzichtet und die öffentlichen Dienste den Interessen der Wirtschaft unterordnet.
Prekarisierung des Arbeitsmarktes
Medienberichte aus Hessen bestätigen den Negativtrend mit schlechten Nachrichten aus verschiedenen Industriezweigen. Laut Dirk Pollert von der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände wird der Wirtschaftsstandort Deutschland für Investoren zunehmend unattraktiver. Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt einen langsamen, aber stetigen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, der nun an Fahrt gewinnen könnte. Vor allem der Dienstleistungssektor, welcher bisher noch Zuwächse verzeichnete, zeigt Anzeichen einer Trendumkehr.
Mangel trotz Notlage: Klinikschließungen und Entlassungen
Die Not im medizinischen Sektor spitzt sich weiter zu. Trotz des bekannten Fachkräftemangels in der Gesundheitsbranche kündigen auch Krankenhäuser Stellenstreichungen an. Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird für eine Verschärfung des Personalmangels und die Zentralisierung der Notfallversorgung, die besonders wenig rentable Segmente wie die Geburts- und Kindermedizin trifft, kritisiert.
Der Rückbau des Sozialstaats
Die aktuelle Regierung hat begonnen, das soziale Sicherheitsnetz weiter zu entwerten. Selbst kleine Verbesserungen, die mit der Umbenennung von Hartz IV in Bürgergeld einhergingen, werden zurückgenommen. Friedrich Merz, potenzieller zukünftiger Bundeskanzler, plant weitere Sozialkürzungen und setzt dabei auf eine Politik der Neid und Konkurrenz.
Der Deutschlandfunk (DLF) äußerte: “Merz bringt sich als nächster Bundeskanzler in Stellung. Mit ihm kommt nicht nur ein Aus für sozialpolitische Projekte wie die Mietpreisbremse, sondern eine grundsätzliche Wende: weniger Sozialpolitik, mehr Markt.”
Amerikanisierung des Sozialstaats
Das Endresultat könnte eine Anpassung an das amerikanische Modell sein, in dem Menschen aufgrund niedriger Löhne gezwungen sind, mehrere Jobs anzunehmen, was wiederum ihre Gesundheit belastet. Dies führt zu einem medizinischen Versorgungssystem, das stark klassenbasiert ist.
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