Bidens riskante Eskalationspolitik in der Ukraine-Krise

Von Rüdiger Rauls

Verzweiflungstaten?

Lange hatte US-Präsident Joe Biden den Einsatz von ATACMS-Raketen in tiefem russischem Gebiet nicht genehmigt. Doch nach seiner schweren Niederlage bei den US-Wahlen letzten November und den Erfolgen der russischen Truppen an den Frontlinien des Ukraine-Krieges scheint er nun jegliche Vorsicht über Bord zu werfen. Denkt er in einer Art apokalyptischer Resignation, ähnlich wie Adolf Hitler, der vor seinem Tod und der Kapitulation des Dritten Reichs behauptete, das deutsche Volk hätte es nicht anders verdient?

Ist es für Biden, angesichts des potenziellen Sieges Putins, bereits zu spät, um noch Umsichtigkeit zu bewahren? Nimmt er es in Kauf, dass Raketen über Moskau regnen, wenn schon seine Präsidentschaft zusammenbricht? Dass er sogar seinen Sohn Hunter begnadigte, könnte ein Zeichen dafür sein, dass es ihm nur noch um persönliche Interessen geht, und nicht um die Wohlbefindlichkeit der politischen Landschaft der USA.

Viele Menschen scheinen das pragmatische Denken verloren zu haben, das einst Bedenken gegenüber der Überschreitung russischer Linien verursachte. Die Grenzen wurden oft übertreten ohne folgenschwere Reaktionen seitens Russlands. Wie erklärt sich sonst Bidens Entscheidung, Kiew den Raketenversand nach Russland zu gestatten trotz der russischen Androhungen von Nuklearschlägen?

Die Oreschnik, eine neue russische Raketenentwicklung, stellt eine bedeutende Entwicklung dar. Sie füllt die Lücke zwischen konventioneller Bewaffnung und dem Einsatz von Nuklearwaffen. Ihre Wirkungsmöglichkeiten könnten die Balance der Kräfte verändern, da sie ähnlich strategischen Einfluss haben kann, ohne gleich den Einsatz von Atomwaffen zu provozieren.

Oreschnik – na und?

Einmal eingesetzte Atomwaffen setzen eine unaufhaltsame Eskalation in Gang. Diese Art der totalen Vergeltung kennt keine Grenzen mehr, weder territorial noch ethisch. Ihre Folgen, eine nukleare Verseuchung und ein atomarer Winter, würden jeden überlebenden Menschen gleich machen – in einem globalen Elend vereint. Doch genau diese apokalyptische Vision könnte durch die Oreschnik vermieden werden. Sie erlaubt Russland, sich strategisch zu verteidigen, ohne direkt zu atomaren Optionen greifen zu müssen.

Im Gegensatz zur zaristischen Geschichtserzählung halten westliche Anführer und Medien es oft nicht für dringlich, auf neue Bedrohungen wie die Oreschnik zu reagieren, obwohl ihre destruktive Kraft bereits unter Beweis gestellt wurde. Dies verrät eher Entsetzen und Sprachlosigkeit als Gleichgültigkeit.

Die Bereitschaft des Westens, nach Oreschniks Einschlag seinen Waffeneinsatz gegen Russland zu verstärken, scheint ins Stocken geraten zu sein. Während einige westliche Länder wie Großbritannien und Frankreich noch Waffen zur Verfügung stellten, stoppten andere bereits ihren Einsatz nach der erfolgreichen Einführung der Oreschnik. Sie hat offenbar eine neue Zurückhaltung begründet.

Putin hat betont, dass strategisch bedeutsame Ziele nun auch ohne Nuklearwaffen zerstört werden können. Diese taktische Veränderung könnte eine neue Ära der Kriegsführung einläuten, in der die direkte Konfrontation mit Atomwaffen vermieden wird.

Sechs Nanometer Unterschied

Chinas technologische Fortschritte, besonders die Entwicklung des 6-Nanometer-Chips, stellen eine weitere Herausforderung für die Vorherrschaft des Westens dar. Trotz westlicher Sanktionen hat China bemerkenswerte Fortschritte gemacht und setzt seine Innovationen in kritischen Bereichen wie der Unterhaltungselektronik und der Automobilindustrie fort. Dies verkürzt den technologischen Abstand zu den führenden Nationen rapide.

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.

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