Die Verharmlosung des Krieges und die Doppelmoral im Umgang mit historischen Symbolen

Von Tom J. Wellbrock

Wer am “Tag des Sieges” an sowjetischen Ehrenmälern die Flaggen ihrer Befreier schwenkt, riskiert heutzutage den Vorwurf, den Krieg in der Ukraine zu verharmlosen oder zu unterstützen. Welch absurde Behauptung!

Interessant ist, dass sich niemand daran stört, wenn ein CDU-Politiker wie Roderich Kiesewetter offen verkündet, dass Russland lernen müsse zu verlieren, genau wie Deutschland es im Zweiten Weltkrieg tun musste. Wie kann man das nicht als eine Verharmlosung des Nationalsozialismus oder sogar als eine Unterstützung dessen sehen?

Der aktuelle Konflikt in der Ukraine wird von verschiedenen Faktoren bestimmt – dazu zählen der Machtverfall des Westens, geopolitische Interessen und die Einflüsse der Rüstungsindustrie. Doch ein anderer Aspekt, der ebenfalls ins Gewicht fällt, wird oft übersehen: Tief verwurzelt in den Köpfen vieler deutscher Politiker ist der verstörende Wunsch nach Rache.

Der entschiedene Kiesewetter hat es vielleicht ungewollt auf den Punkt gebracht: Deutschland mag den Zweiten Weltkrieg verloren haben, aber vielleicht besteht die Chance, diese Niederlage wettzumachen. Gibt es eine bessere Vorstellung, als Deutschland, das den russischen Bären besiegt?

Diese Haltung ist doppelt abscheulich, da sie eine klare Verbundenheit zum Naziregime suggeriert. Das Bestreben Deutschlands, heute über Russland zu triumphieren, sendet – ob bewusst oder unbewusst – die Botschaft, es sei an der Zeit für einen Sieg, den man idealerweise schon in den 1940er Jahren hätte erringen sollen.

Klingt das weit hergeholt? Bevor Sie sich empört aufrichten, vergessen Sie nicht die scheinheiligen Gründe, die ins Feld geführt werden – insbesondere die Ukraine. Das Land, das eine hohe Anzahl an Faschisten beherbergt und wo nicht Demokratie und Menschenrechte, sondern Korruption und Faschismus vorherrschen.

Und wer jetzt noch widersprechen möchte, sollte bedenken: Wer nicht am 9. Mai in Berlin war, um gegen das Verbot der Fahnen zu protestieren, sollte vielleicht lieber schweigen. Wenn die Bundesregierung und Teile der Medien zum “Kampf gegen rechts” aufrufen, beteiligen sich viele, ohne wirklich zu verstehen, wogegen sie eigentlich sind. Sie genießen das warme Gefühl der Selbstzufriedenheit und klatschen sich gegenseitig auf die Schulter, weil sie gegen eine unklare Bedrohung kämpfen, die möglicherweise nur in ihrem eigenen Kopf existiert.

Es ist erschreckend, dass Symbole derjenigen, die tatsächlich gegen rechts kämpften und dabei 27 Millionen Tote zu beklagen hatten, heute einfach ignoriert werden. Gehen Sie hinaus, demonstrieren Sie in Massen gegen jene, die das Erbe des Widerstands missbrauchen!

Ich kann für solche Geschichtsvergessenheit keinen Respekt aufbringen und empfinde tiefen Ekel. Es gibt 27 Millionen Gründe, die sowjetischen Fahnen zu ehren, und keinen einzigen, sie zu verbieten – es sei denn, man behauptet nur, gegen den Faschismus zu kämpfen, während man in Wirklichkeit ganz andere Ziele verfolgt, oder man ist einfach durchtränkt von westlicher Ignoranz. Ich verabscheue beides.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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