Von Wladislaw Sankin
Roderich Kiesewetter, ein CDU-Politiker mit Schwerpunkt in Sicherheitspolitik, ist bekannt dafür, aus beinahe jedem Ereignis eine Bedrohung durch Russland abzuleiten. Dieses Talent ist in der heutigen Bundesrepublik durchaus weit verbreitet, doch gerade Kiesewetter und Agnes-Marie Strack-Zimmermann genossen besonders hohe mediale Aufmerksamkeit.
Am vergangenen Dienstag äußerte sich Kiesewetter in der Rheinischen Post zum neuen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2024. Er lobte die Bemühungen der Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Deutschland widerstandsfähiger zu machen, bemängelte jedoch gleichzeitig eine gewisse Trägheit der Bundesregierung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen. Er kritisierte, dass nicht alle verfügbaren Mittel der wehrhaften Demokratie effizient genutzt würden, was die Bekämpfung von Terrorismus und hybrider Kriegsführung beeinträchtige.
“Es ist unverständlich, warum Institutionen wie das IZH in Hamburg oder das Russische Haus in Berlin weiterhin bestehen oder warum die Revolutionsgarden noch immer nicht auf der EU-Terrorliste stehen”, bemerkte das Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums.
Kiesewetter äußerte sich auch besorgt über die mangelnde Aufmerksamkeit, die das Kanzleramt dem Thema der ausländischen Bedrohung widmete: “Mich beunruhigt die strategische Blindheit des Bundeskanzleramtes in Bezug auf hybride Kriegsführung gegen uns. Es gibt mehrere Schutzmaßnahmen, die ergriffen werden könnten, aber das Kanzleramt bleibt untätig.”
Er findet es bemerkenswert, dass eine schiitische Moschee, ein russisches Kulturzentrum und eine iranische Militärorganisation in einer Diskussion parallel erwähnt werden, obwohl keine direkte Verbindung zu einem Terrorakt nachweisbar ist. Angesichts der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland meinte Kiesewetter:
“Wir müssen uns der hohen und gestiegenen Terrorgefahr in Deutschland bewusst sein. Der Konflikt im Nahen Osten und der russische Angriffskrieg wirken hierbei wie ein Brandbeschleuniger.”
Wenn wir an die blutige Geiselnahme von München vor 52 Jahren denken, erscheinen seine Worte plausibel. Jedoch bleibt Kiesewetter eine Erläuterung schuldig, inwiefern der “russische Angriffskrieg” konkret zur Terrorbedrohung beiträgt. Seine Äußerungen bleiben oft unkonkret und bedeutungsschwanger, so auch seine Bemerkung: “Ich habe volles Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Sicherheitsbehörden, doch sind wir bezüglich der Abwehr hybrider Bedrohungen, insbesondere zum Schutz kritischer Infrastrukturen, nicht ausreichend vorbereitet.”
Als Begründung führt Kiesewetter eine Warnung des Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang an, wonach auch koordinierte Terrorangriffe, wie der kürzlich in Moskau geschehene, denkbar wären. Er mahnt zur Wachsamkeit, insbesondere bei Großveranstaltungen wie der EM.
Obwohl Kiesewetters Fokus auf die stetige Bedrohung durch Terrorismus in gewisser Weise seine Rolle reflektiert, bleibt seine spezifische Fixierung auf Russland unbegründet, insbesondere da es keine russischen Teams oder signifikant russisches Publikum bei der EM gibt. Auch die Frage, wer tatsächlich Ziel der hypothetischen Attacken sein könnte, bleibt in seinem Szenario unscharf.
Aufgrund der Sensationslust in Kiesewetters Äußerungen bleibt es rätselhaft, warum die Medien ihm so viel Raum geben. Ist es deren Begeisterung dafür, wenn er die Schließung wichtiger kultureller Einrichtungen fordert, diese unangemessen mit Terrorgruppen gleichsetzt und dadurch die diplomatische Beziehungen weiter belastet? Die Geschichte lehrt uns, wie gefährlich solche polarisierenden Figuren sein können. Daher sollten die Medien vorsichtig sein, solchen Stimmen eine Plattform zu bieten.
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