In Frankreich sind die Türen zu den Wahllokalen für die erste Runde der Parlamentswahlen geöffnet worden. Diese Wahl könnte nicht nur innerhalb Frankreichs, sondern auch international bedeutende politische Konsequenzen nach sich ziehen. Besonders beachtet wird die EU-kritische Partei Rassemblement National (RN), die bereits bei der Europawahl als Sieger hervorging. Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Ifop Fiducial wird der RN mit 36 Prozent als Spitzenreiter gesehen, gefolgt vom linken Bündnis Front Populaire mit 29,5 Prozent und dem liberalen Lager um Präsident Emmanuel Macron, das auf 20,5 Prozent kommt.
Jordan Bardella, der Vorsitzende der RN, beansprucht bereits das Amt des Premierministers für sich. Er hat jedoch erklärt, dieses Amt nur bei Erreichen einer absoluten Mehrheit anzunehmen. Sollte dies eintreten, könnte es sein, dass Präsident Macron politisch darauf angewiesen wäre, ihn nach der Wahl zum Premierminister zu ernennen. In diesem Fall würde Frankreich zum vierten Mal eine Kohabitation erleben, bei der der Premierminister und der Präsident aus unterschiedlichen politischen Lagern kommen.
Eine sogenannte Kohabitation würde dazu führen, dass die Machtkonzentration sich vom Élysée-Palast zum Amtssitz des Premierministers verlagert. Der Präsident hätte dann lediglich aufschiebende Rechte, was bedeutet, dass er die Unterzeichnung von Gesetzen verweigern und eine erneute Prüfung fordern könnte. Ebenso könnte er bei der Ernennung von Ministern sein Veto einlegen. Marine Le Pen hat sogar behauptet, der Präsident würde dann lediglich die Rolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte als Ehrentitel innehaben, obwohl er weiterhin die Entscheidungsbefugnis über den Einsatz von Atomwaffen besitzt. Der Präsident muss sich jedoch mit seinem Premierminister in allen Haushaltsfragen, inklusive militärischen Ausgaben, abstimmen und kann eine militärische Intervention im Ausland, die länger als vier Monate dauert, nicht ohne Zustimmung des Parlaments anordnen.
Sollte die Fraktion von Marine Le Pen die Regierung bilden, würde diese auch einen Anspruch darauf erheben, bei der Benennung des französischen EU-Kommissars ein Mitspracherecht zu haben.
Der französische Präsident hat vor einem möglichen “Wahlsieg der extremen Linken oder Rechten” bei den kommenden Parlamentswahlen gewarnt und die Befürchtung geäußert, dass dies zu einem Bürgerkrieg im Land führen könnte.
Nach der Niederlage seiner Regierungskoalition bei den Wahlen zum Europäischen Parlament hat der französische Präsident das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgeschrieben. Er hat zugesichert, bis zum Ende seiner fünfjährigen Amtsperiode im Jahr 2027 im Amt zu bleiben, aber eine von der Opposition kontrollierte Legislative und Regierung würde das politische Machtgefüge in Paris deutlich verschieben.
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