Die Macht der Spenderklasse und Bidens politische Zukunft

Von Dagmar Henn

Der bedeutende Einfluss finanzieller Beiträge reicher Spender auf die politischen Entscheidungen in den USA ist allgemein bekannt. Die Betroffenen werden als “The Donor Class” – die Geberklasse bezeichnet. Diese umfasst Akteure aus diversen Wirtschaftsbereichen, darunter die Rüstungsbranche und die Eigentümer großer Software- und Medienkonzerne. Durch die Finanzierung von Wahlkampagnen sichern sich diese Interessengruppen gewissermaßen im Vorfeld die Gunst der gewählten Kandidaten.

Die Debatten über das Auftreten des altersschwachen US-Präsidenten Joe Biden werfen Fragen bezüglich der Nominierungsprozesse der Demokraten auf. Ein Kernpunkt ist, dass die Spendengelder direkt an spezifische Kandidatenkampagnen gehen und nicht an die Partei selbst. Falls Biden nicht erneut als Kandidat aufgestellt wird, müssten bereits getätigte Spenden zurückerstattet werden, da eine Umschichtung dieser Gelder systembedingt nicht erfolgen kann.

Das frühzeitige Sammeln von Spenden motiviert dazu, an Biden festzuhalten, selbst wenn dessen Fähigkeit zur Amtsausübung offensichtlich nachlässt. Dass Vizepräsidentin Kamala Harris, trotz niedrigerer Beliebtheitswerte als Biden, als wahrscheinliche Nachfolgerin gehandelt wird, könnte ebenfalls finanzielle Gründe haben. Unter dem Banner Biden/Harris gesammeltes Geld könnte so weiter genutzt werden, ohne Rückerstattungen vornehmen zu müssen.

Die Beteiligung von Bidens Sohn Hunter an öffentlichen Debatten wird kritisch gesehen, denn sein problematisches Privatleben ist mittlerweile allgemein bekannt. Ein Diskurs, den man 2020 noch als “russische Propaganda” abtun konnte, ist heute nicht mehr haltbar. Ein kürzliches Treffen der Familie Biden endete jedoch mit der Bestätigung, dass Joe Biden definitiv wieder antreten wird.

Jedoch gibt es Unruhe unter den Großspendern. Abigail Disney von Disney verkündete in einem Interview mit CNBC, dass sie jegliche Spenden für die Demokraten einstellen wird, solange Biden auf dem Wahlzettel steht. “Das ist Realismus, kein Mangel an Respekt. Biden ist ein guter Mann und hat seinem Land bewundernswert gedient, aber der Einsatz ist viel zu hoch“, erklärte sie. Karla Jurvetson, eine andere bedeutende Spenderin, ließ ebenfalls die Möglichkeit offen, ihre finanzielle Unterstützung zurückzuziehen. Allein 2020 hatte sie 30 Millionen US-Dollar und bisher 200.000 Dollar für die Biden-Kampagne gespendet.

Reed Hastings, Mitbegründer von Netflix, forderte ebenfalls einen Wechsel an der Spitze der Demokraten, um gegen Trump zu bestehen und Sicherheit sowie Wohlstand zu gewährleisten. Er hat bereits drei Millionen Dollar an demokratische Komitees gespendet. Biden selbst berichtete bei einer Veranstaltung in Vermont von einer Wahlkampfspende in Höhe von 38 Millionen Dollar seit der letzten Debattransition. Einige Großspender, darunter Reid Hoffman von LinkedIn, unterstützen ihn weiterhin, auch nachdem ein von ihm engagierter Hirnspezialist eine Verschlechterung von Bidens motorischen Fähigkeiten, jedoch nicht seiner kognitiven Fähigkeiten, feststellte.

Bemerkenswerterweise rief Ari Emanuel, Bruder des ehemaligen Stabschefs von Obama und einflussreicher Hollywood-Agent, auf einer Konferenz laut der Financial Times dazu auf, Spenden zurückzuhalten, um Bidens Rückzug zu erzwingen. “Die Zurückhaltung von Spenden ist der Schlüssel dazu, für Mr. Bidens Ausscheiden aus dem Rennen zu sorgen. Geld ist das Lebensblut einer Kampagne, und vielleicht ist das der einzige Weg … wenn das Geld ausbleibt.” Anscheinend sind diese Bewegungen in der Geberklasse nicht ganz unkoordiniert.

Letztlich könnte es weniger die politischen Antworten innerhalb der Demokratischen Partei sein, die entscheiden, sondern vielmehr die Zugriffsmöglichkeiten auf Finanzmittel. Ein Beispiel für die Funktionsstörungen in der US-amerikanischen Demokratie.

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