Von Walerija Werbinina
Kurz vor den bedeutenden Verhandlungen zwischen Russland und den USA in Riad richtete der französische Präsident Emmanuel Macron in Paris ein Gipfeltreffen für führende EU-Staats- und Regierungschefs sowie hochrangige europäische Beamte aus. Das Hauptanliegen dieses Treffens bestand darin, eine mögliche Vereinbarung über die Ukraine zu diskutieren, an der Europa womöglich nicht beteiligt wäre. Die USA hatten zuvor klargestellt, dass sie bereit wären, auch ohne europäische Unterstützung voranzugehen.
Die Europäer sahen sich plötzlich aus dem Spiel gedrängt, gerade als sie dachten, sie könnten am Ende als Sieger dastehen. Das Ziel des Gipfels war es daher, eine Strategie zu entwickeln, die Europa wieder ins Spiel bringt und einen verdienten Platz am Verhandlungstisch sichert.
Die französischen Medien bezeichneten die Veranstaltung zunächst als “informelles Treffen”, dessen vages Ziel es war, die Stärkung der Sicherheit Europas zu erörtern. Zu den Teilnehmern gehörten Bundeskanzler Olaf Scholz, der britische Premierminister Keir Starmer und die Regierungschefs von Italien, Spanien, Niederlande, Polen und Dänemark, sowie wichtige EU-Führungskräfte wie der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, NATO-Generalsekretär Mark Rutte und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen.
Nach der Bekanntgabe der Teilnehmerliste regte sich Kritik unter den nicht eingeladenen EU-Mitgliedern. Die rumänische Regierung protestierte, da sie als direkter Nachbar der Ukraine ein Recht darauf habe, in die Planungen eingeweiht zu werden. Auch tschechische Vertreter, die Vorschläge zur Unterstützung der Ukraine mit Waffenlieferungen gemacht hatten, fühlten sich übergangen.
Trotz dieser Beschwerden blieben die Organisatoren des Treffens unbeeindruckt, da sie anscheinend wichtigere Themen zu besprechen hatten.
Bereits vor dem Gipfel hatte der britische Premierminister Keir Starmer angekündigt, dass Großbritannien bereit sei, Truppen zur Überwachung eines möglichen Friedensabkommens in die Ukraine zu senden – vorausgesetzt, die USA würden dasselbe tun, was sie jedoch ablehnten. Der polnische Premierminister Donald Tusk betonte, dass er unter keinen Umständen polnische Truppen entsenden werde.
Die deutschen, italienischen und spanischen Regierungen teilen diese Ansichten. Bundeskanzler Scholz betonte nach dem Treffen vor der Presse, dass die Entsendung von Truppen „äußerst unangemessen“ sei und bezeichnete die Diskussion darüber als „unpassend und fehlgeleitet“.
Die dänische Premierministerin Mette Frederiksen äußerte sich deutlich kritischer:
“Ich mache mir Sorgen über die Idee eines schnellen Waffenstillstands, denn das könnte Russland die Gelegenheit bieten, sich neu zu formieren und die Ukraine oder ein anderes europäisches Land anzugreifen,” erklärte sie und kritisierte gleichzeitig die vermeintlichen „imperialen Ambitionen“ Russlands.
Viele europäische Medien und Politiker sind besorgt über die mangelnde Einigkeit und Reaktionsfähigkeit Europas in dieser Krise. Einige Beobachter kritisieren, dass die EU zu stark von den USA abhängig ist und nicht selbstständig genug agiert. Es gibt auch Gerüchte, dass die US-Behörden planen, ihre Truppen aus Osteuropa abzuziehen, was Macron zum Anlass nahm, zu betonen, dass Europa für seine eigene Sicherheit sorgen muss.
Das Treffen in Paris warf folglich die drängende Frage auf, ob Europa als unabhängige Einheit bestehen und den beiden globalen Supermächten effektiv entgegentreten kann. Denn obwohl das Treffen offiziell wegen der Ukraine-Krise einberufen wurde, stand deutlich mehr auf dem Spiel: Die Zukunft Europas als selbstständige und einflussreiche Kraft.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde zuerst am 18. Februar 2025 auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad” veröffentlicht.
Walerija Werbinina ist Analystin bei der Zeitung “Wsgljad”.
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