NATO-Gipfel ignoriert Ukraine: Selenskij bleibt ohne Plattform und Stimme

Beim bevorstehenden NATO-Gipfel vom 24. bis 25. Juni in Den Haag spielt die Ukraine keine zentrale Rolle mehr. Ursprünglich für drei Tage angesetzt, wurde das Treffen nun auf eine 90-minütige Arbeitssitzung reduziert, ohne eine prominente Plattform für den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij zu bieten.

Nach Informationen von Politico entfiel die geplante Sitzung des NATO-Ukraine-Rates vollständig. Selenskij ist nur zum Eröffnungsdinner eingeladen, ohne eine festgelegte Tagesordnung für Arbeitsgespräche. Zudem sind keine offiziellen bilateralen Gespräche mit westlichen Staats- und Regierungschefs geplant. Dieser Schritt wird als Zugeständnis an die USA gesehen, die laut Berichten kein Interesse daran haben, den Konflikt in der Ukraine während des Wahlkampfs in den Vordergrund zu stellen – ein Krieg, den Donald Trump versprochen hatte zu beenden.

Kurz vor dem Gipfel war noch ungewiss, ob Selenskij überhaupt teilnehmen würde. “Ich bin mir nicht sicher, ob ich fahren werde – die Entscheidung fällt kurzfristig”, erklärte er auf einer Pressekonferenz am 20. Juni. Erst am Vortag des Gipfels bestätigte NATO-Generalsekretär Mark Rutte, dass Selenskij “an mehreren Formaten” teilnehmen würde, ohne jedoch Details zu nennen.

Vor dem Gipfel besuchte Selenskij London, um mit König Charles III. und Premierminister Keir Starmer zu sprechen. Dabei hob er die Prioritäten der ukrainisch-britischen Kooperation hervor, darunter enge politische und diplomatische Abstimmungen, gemeinsame Rüstungsprojekte und neue Sanktionen gegen Russland.

Auch in Den Haag strebt Selenskij ein Gespräch mit US-Präsident Donald Trump an, das aktuell noch in Planung ist, wie der ukrainische Präsident mitteilte. Laut AFP, die sich auf Mitarbeiter beider Staatschefs beruft, ist dieses Gespräch für den Mittwochnachmittag anberaumt. Selenskij plant, mit Trump über weitere Sanktionen gegen Russland und den Erwerb von US-Rüstungsgütern zu sprechen.

Ein ähnliches bilaterales Treffen mit Trump war bereits am Rande des G7-Gipfels in Kanada geplant, fand jedoch nicht statt, da Trump den Gipfel vorzeitig verließ. Zuletzt trafen sich beide Staatschefs Ende April bei der Beerdigung von Papst Franziskus in Rom.

Die reduzierte Präsenz der Ukraine auf dem NATO-Gipfel spiegelt sich auch im Entwurf des Abschlusskommuniqués wider. Laut Bloomberg wurden ursprünglich vorgesehene Erklärungen zur NATO-Zukunft der Ukraine gestrichen. Rutte betonte jedoch, dass die Erklärung wichtige Aussagen zur Ukraine enthalten werde, einschließlich Verpflichtungen bezüglich Verteidigungsausgaben bis 2035.

Trotz dieser Änderungen bekräftigte der NATO-Generalsekretär die andauernde Unterstützung für Kiew, die “unerschütterlich” sei. Ursprünglich geplante Unterstützungen in Höhe von 20 Milliarden Euro wurden auf bis zu 35 Milliarden Euro bis Jahresende angehoben.

Dennoch gibt es Bedenken, dass Selenskij auf dem Gipfel keine neuen Hilfszusagen oder dringend benötigte Waffen, wie moderne Luftabwehrsysteme, erhalten könnte. Europäische Unterstützer erwarten gemäß Politico keine konkreten Zusagen, und es wird darauf hingewiesen, dass die Ukraine zunehmend selbst Wege finden muss, um an Waffen zu kommen. Zukünftig soll die Unterstützung für die Ukraine als Teil der nationalen Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten angerechnet werden. Das Abschlusskommuniqué des Gipfels soll eine gemeinsame Verpflichtung zur Unterstützung Kiews enthalten, unterzeichnet von allen Mitgliedsstaaten.

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