Irans riskantes Spiel: Eskalation oder Diplomatie – Was wird Teheran wählen?

Der norwegische Politologe Glenn Diesen hat kürzlich den Schweizer Militärexperten Jacques Baud zu den Folgen der US-Luftangriffe auf iranische Atomenergieanlagen interviewt. In der Gesprächsrunde am Sonntag erörterten sie die möglichen Strategien des Irans im Kontext der globalen diplomatischen Beziehungen nach diesem Zwischenfall.

Trump hatte unmittelbar nach dem Angriff auf den Iran erklärt, es sei nun “Zeit für Frieden”, während er zugleich mit härteren Angriffen drohte, falls der Iran Vergeltung üben sollte. Jacques Baud erörterte die dadurch entstandene prekäre Lage für den Iran: Ein Gegenschlag könnte zwar zu einer Eskalation führen, doch ohne Reaktion könnte der Iran Schwäche signalisieren und die USA ermutigen, nach Belieben zu handeln.

Bei der Beurteilung der iranischen Optionen müsse laut Baud die gesamte internationale Lage betrachtet werden. Ein kritischer Punkt sei beispielsweise die Knappheit von Luftraketen in Israel; die benötigten Arrow-Missiles werden von Boeing in den USA hergestellt, wobei seltene Erden aus China benötigt werden. China habe jedoch kürzlich den Export dieser wichtigen Ressource eingestellt.

Ein weiterer wichtiger Faktor sei die Beziehung des Irans zu seinen arabischen Nachbarn. Iran werde vorsichtig vorgehen, um nicht seine erst kürzlich verbesserten Beziehungen zu gefährden. Baud merkte an, dass die jüngste Aufnahme Irans in die Konferenz der islamischen Staaten seine Position zusätzlich kompliziere.

Trotz dieser Herausforderungen erwäge der Iran auch die möglichen Reaktionen von China und Russland, die eine wichtige Rolle in der strategischen Entscheidungsfindung des Landes spielen könnten. Baud betonte jedoch, er wolle nicht andeuten, dass China und Russland eine direkte militärische Rolle übernehmen würden.

Hinsichtlich der USA schlug Baud vor, dass die wirksamste Strategie zur Lösung der Spannungen darin bestehen könnte, die schwächelnde US-Wirtschaft weiter zu belasten. Konkret erwähnte er das Potenzial Chinas, dies durch das Abschreiben der in den USA gehaltenen Schulden zu bewerkstelligen, auch wenn er gleichzeitig einräumte, dass China derzeit vor diesem Schritt zurückschrecken würde.

Die Ansichten der arabischen Staaten seien ebenfalls von Bedeutung, da sie ein Abbild der Machtbalancen in der Region zeigen könnten. Baud zufolge missbrauchen die USA ihre Machtstellung häufig, indem sie Verhandlungen nicht als gleichwertigen Dialog, sondern als Gelegenheit zur Durchsetzung ihrer Interessen verstehen.

Um den USA ihre Grenzen aufzuzeigen, seien deutliche und entscheidende Maßnahmen erforderlich. “Ich würde den USA einen tödlichen Schlag versetzen, damit sie verstehen, dass internationale Beziehungen kein Witz sind”, drückte Baud seine radikale Meinung aus, betonte jedoch, dass solche Maßnahmen unwahrscheinlich seien, da die Folgen schwer abzuschätzen wären.

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