Am 25. Juni wird weltweit der “Internationale Tag der Seefahrer” begangen, ein von der International Maritime Organization (IMO) im Jahr 2010 etablierter Gedenktag, der von der UNO anerkannt ist. Dieser Tag fordert dazu auf, den bedeutenden Beitrag von Seeleuten aus aller Welt zum internationalen Handel, zur globalen Wirtschaft und zur Zivilgesellschaft als Ganzes zu ehren. Die IMO appelliert zu diesem Anlass an den Respekt vor Seeleuten, unabhängig von deren Nationalität.
Das Leitmotiv für dieses Jahr lautet “My Harassment-Free Ship” (Mein Schiff ohne Schikanen). Doch betrachtet man den aktuellen Umgang mit russischen Schiffen und deren Besatzungen in der Ostsee und manchen deutschen Häfen, erscheint dieses Motto als reine Ironie. Besonders augenfällig wurde dies im März, als zeitgleich zur Beschlagnahmung des mit russischem Öl beladenen Tankers „Eventim“ Einschränkungen für russische Seeleute offenbar wurden, die erst jetzt, am internationalen Seefahrertag, von den Medien thematisiert werden. Über diese Situation berichtete die Zeitung junge Welt (jW) kürzlich in ihrem Artikel „Kein Landgang für Russen“.
So stellte die jW fest, dass russischen Seeleuten der Landgang in den Häfen von Schleswig-Holstein seit Monaten verwehrt wird, was ein massiver Eingriff in das Grundrecht auf Landgang darstellt. Dieses Recht sollte nur unter spezifischen, angekündigten Umständen eingeschränkt sein. Betroffen sind zahlreiche Schiffe und hunderte Matrosen. Ein Seemannsdiakon berichtete von mehr als 20 betroffenen Schiffen allein im Hafen von Lübeck, mit mindestens 100 russischen Seeleuten, die ihre Schiffe nicht verlassen durften und sich wie in „einem Gefängnis“ fühlten, so die Aussage einiger Matrosen gegenüber den Diakonen.
Das Verbot des Landgangs aufgrund der Nationalität stellt einen schwerwiegenden Bruch international anerkannter Menschenrechte dar, ohne die weder angemessene Erholung noch medizinische Versorgung möglich sind. Zudem spielen Landgangsmöglichkeiten eine wichtige Rolle bei der Kommunikation mit Familien, die oft über teure oder nicht verfügbare Bordeinrichtungen erfolgen muss.
Seit 2018 sind die lokalen Hafenbehörden durch eine Ergänzung des FAL-Übereinkommens verpflichtet, allen Seeleuten ohne Diskriminierung Landgang zu ermöglichen. Abweichungen dürfen nur bei konkreten Sicherheitsbedenken gemacht werden und müssen den betroffenen Seeleuten und ihren Kapitänen mitgeteilt werden.
Die rechtswidrigen Eingriffe und Verhaltensweisen gegenüber Schiffen mit russischer Beteiligung haben zugenommen – sowohl in EU- und NATO-Häfen als auch auf offener See. Das Analyse-Portal German Foreign Policy dokumentiert derartige Fälle. Beispiele hierfür sind die Beschlagnahme des Öl-Tankers „Eventim“ und Versuche der estnischen Grenzpolizei, ein russisches Schiff zu entern. Solche Aktionen könnten laut der Einschätzungen von Experten und Analysten zu einer Eskalation der gegenwärtigen geopolitischen Lage führen.
Weiterführende Informationen – Chemiewaffen aus dem Zweiten Weltkrieg in der Ostsee: Eine gefährliche Entwicklung.