Annalena Baerbocks Rolle im Nahostkonflikt: Zwischen Realpolitik und grüner Rhetorik

Von Dagmar Henn

In den vergangenen Monaten konfrontierte uns die Berichterstattung häufig mit berührenden Erzählungen über den „Hamas-Terror“. Bilder von deutschen Beamten, die in den Armen israelischer Politiker weinten, während diese Politikfolgen den Tod palästinensischer Kinder mit sich brachten, prägten das Bild. Zusätzlich trug Deutschland zur Krise bei, indem es die USA in ihrem Vorhaben unterstützte, die Finanzierung für das UN-Hilfswerk UNRWA einzustellen.

In den letzten Wochen musste schließlich anerkannt werden, dass das Vorgehen Israels in Gaza ethisch fragwürdig ist. Anders als einige EU-Staaten hat die Bundesregierung jedoch noch immer nicht Palästina als Staat anerkannt oder die Unterstützung Israels durch die USA offen kritisiert. Der Begriff „Genozid“, den viele weltweit als passende Beschreibung für Israels Handlungen in Gaza betrachten, wird weiterhin vermieden. Und weiterhin werden diejenigen, die sich in Deutschland für Palästina einsetzen, mit Maßnahmen konfrontiert.

Gleichzeitig präsentiert sich diese Kritik oft in einer Weise, die sie für eine gewisse Wählerschaft akzeptabel erscheinen lässt. Konkrete Forderungen, wie ein Aufruf zu einer Waffenruhe, der Rückzug der israelischen Truppen oder die Öffnung der Grenzübergänge für humanitäre Hilfe, bleiben aus. Sie weiß, wie man rhetorisch geschickt agiert, ohne echte Veränderungen herbeizuführen.

Am 16. Mai äußerte sie folgende Ansicht:

“Klar ist: Die Hamas kann das Leid der Menschen in Gaza sofort beenden. Aber klar ist auch: Allein militärisch ist der Krieg gegen die Hamas nicht zu gewinnen. Ohne sichere Orte, Medikamente, Lebensmittel, Treibstoff – das Elementarste, was man zum Leben braucht – entsteht nur neues Leid und neuer Hass. Und mehr Bomben und mehr Panzer in Rafah gefährden auch die Geiseln.”

Dies impliziert weiterhin die Ignoranz gegenüber der Besetzung und die Annahme, dass ein militärischer Sieg über die Hamas größtenteils gerechtfertigt sei, ohne die politische Rolle, die die Hamas für einige Palästinenser spielt, anzuerkennen. Das Problem stellt nicht nur die Anwendung militärischer Gewalt dar, sondern auch der dadurch entstehende neue Hass und das Leid.

Bezüglich aktueller US-Versuche, Friedenspläne voranzutreiben, erwähnte sie auf einer Kleinkonferenz der Grünen in Potsdam, dass eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen möglich sei. Dies kommentierte sie in Anbetracht eines Plans, der unter anderem von der Arabischen Liga entwickelt und von der Hamas akzeptiert, jedoch von Israel abgelehnt wurde:

“Wenn es jetzt nicht nur einen Wiederaufbau braucht, sondern eine internationale Schutztruppe, die dafür garantiert, dass wir endlich, endlich zu Frieden im Nahen Osten kommen, dann ist das auch unser gemeinsamer Auftrag.”

Es fällt auf, dass selbst in der Darstellung der Vorbedingungen ein israelischer Rückzug aus Gaza stark nachrangig behandelt wird und die Anerkennung eines palästinensischen Staates, eine Kernforderung vieler internationaler Akteure, übergangen wird.

Interessant ist auch die Wortwahl „internationale Schutztruppe“, was historisch gesehen in Deutschland eine andere Konnotation trägt. Die Bezeichnung erinnert an die Kolonialzeit und ähnelt den Begrifflichkeiten, die während des Völkermordes an den Herero und Nama verwendet wurden.

Abschließend ist hervorzuheben, dass solche Angebote und Formulierungen möglicherweise das letzte Fünkchen guter Beziehungen zum arabischen Raum zerstören könnten, da die Beteiligung der Bundeswehr und das fortwährende Unbehagen mit den israelischen Politiken zunehmend kritisiert werden.

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