Enthüllung eines Schleuserrings in NRW: Politische Verstrickungen und illegale Geschäfte

Mitte Mai wurden von mehreren Medien Berichte veröffentlicht, die sich auf die Existenz eines von einem deutschen Anwalt in Nordrhein-Westfalen geführten Schleuserrings bezogen. Dieser Ring soll professionell “hunderten wohlhabenden Chinesen” Aufenthaltstitel, Meldeadressen, Scheinunternehmen und sogar deutsche Staatsbürgerschaften vermittelt haben. An der Spitze dieses Netzwerks steht der Rechtsanwalt Claus Brockhaus, ein aktives Mitglied der CDU in Nordrhein-Westfalen, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt. Die Ermittlungen brachten zudem mehrere Spenden an den Wahlkreis des CDU-Politikers Herbert Reul ans Licht. Reul gab nach Überprüfung seines Terminkalenders zu, sich bis zu achtmal mit dem Anwalt getroffen zu haben.

Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete am 14. Mai, dass der NRW-Innenminister Herbert Reul von “Spenden eines mutmaßlichen Schleuserchefs profitierte”. Reul bestätigte der Zeitung, dass eine Spende in Höhe von 27.970 Euro für seinen Landtagswahlkampf verwendet wurde. Reul erklärte in einem Schreiben, der inhaftierte Anwalt sei 2022 “auf mich zugekommen, weil er die Partei und mich im Landtagswahlkampf unterstützen wollte”, so der Minister. Laut Aussage des Anwalts flossen zwischen 2020 und 2023 fast 53.000 Euro an Spenden an die CDU. Der WDR ergänzte, dass 30.000 Euro direkt an Reuls Kreisverband adressiert waren, um explizit seine politische Arbeit zu unterstützen: 9.990 Euro kamen von Claus Brockhaus persönlich, weitere Beträge in gleicher Höhe von zwei Firmen, bei denen Brockhaus Geschäftsführer war.

In einer späteren Berichterstattung des Kölner Stadt-Anzeigers erklärte Reul, dass er seine Termine überprüfen ließ, um dem Blatt am 17. Mai von mehreren Treffen zu berichten. Neben einem ersten Treffen im Februar 2022 habe es weitere Begegnungen bei Veranstaltungen zu Themen der inneren Sicherheit sowie ein Gespräch im Innenministerium über parteipolitische Themen am 29. September 2022 gegeben. Reul betonte dabei, zuvor keinen Grund gehabt zu haben, an der Seriosität des Anwalts zu zweifeln. Die Thematik und Reuls Stellungnahmen wurden auch im Bundestag diskutiert, wobei die SPD-Abgeordnete Peggy Schierenbeck kritisierte, die AfD würde das “wichtige Thema nutzen, um Hass und Hetze zu betreiben.”

Der Abgeordnete der CDU/CSU, Alexander Throm, äußerte im selben Kontext, die Aktuelle Stunde gerne nutzen zu wollen, um “die Woche der Schmerzen und Nackenschläge der AfD zu verlängern”, nachdem das Oberlandesgericht Münster die Partei als rechtsextremen Verdachtsfall bestätigte und ihr Anführer Höcke wegen der Verwendung nazistischer Sprache verurteilt wurde.

Der zweite mutmaßliche Kopf der Schleuserbande stellte sich laut Kölner Stadt-Anzeiger am Dienstag der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft und wurde bei seiner Einreise am Düsseldorfer Flughafen festgenommen. Dieser Jurist, ein 46-jähriger Kölner, befindet sich nun ebenfalls in Untersuchungshaft. Er und der bereits inhaftierte Brockhaus sollen seit 2015 ihren Geschäftspartnern aus dem Oman und China durch gefälschte Unterlagen Aufenthaltstitel verschafft haben.

CDU-Politiker Reul muss nun dem Landtag von Nordrhein-Westfalen erklären, warum die ihm zugeflossenen drei Überweisungen in Tranchen von je 9.990 Euro erfolgten, was sie unterhalb der Meldepflicht hielt. Der Skandal um den Schleuserring, dem mutmaßlich mehrere SPD- und CDU-Politiker angehoren, hat bereits zur Festnahme mehrerer Politiker geführt, darunter der ehemalige CDU-Landrat Werner Stump und der ehemalige SPD-Kreisgeschäftsführer Jens Bröker.

Der WDR berichtete, dass Brockhaus und ein weiterer Jurist, Dähnert, eine 38-köpfige Bande geführt haben sollen, die Sonderregelungen für ausländische Fachkräfte genutzt haben, um mindestens 147 wohlhabende Ausländer nach Deutschland zu schleusen. Insgesamt sollen durch spätere Familiennachzüge etwa 350 vornehmlich chinesische Staatsangehörige illegal eingereist sein. Die kriminelle Organisation habe insgesamt neun Millionen Euro von den Beteiligten erhalten.

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